Sport 2: In Ellwangen entsteht eine Kunstrasenfläche aus biobasierten Materialien

Kunststoffrasen - pflegeleicht und zu jeder Jahreszeit bespielbar. Bild: mtaira – stock.adobe.com

Mit einem biobasierten, biologisch abbaubaren Kunststoffrasensystem will die Stadt Ellwangen den Austrag von Mikroplastik in die Umwelt reduzieren und eine nachhaltige, zukunftsfähige Alternative für neue Sportplätze mit Kunststoffrasen schaffen. Die Entwicklung des Systems übernehmen der Biopolymerhersteller TECNARO und das Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart. 

Sportplätze aus Kunstrasen stellt man bislang aus fossilen Ressourcen her. Ellwangen plant nun den deutschlandweit ersten Kunstrasenplatz, der nahezu vollständig aus biobasierten Werkstoffen bestehen wird. Der Modellplatz soll mindestens dieselben sporttechnischen Eigenschaften aufweisen wie die herkömmlichen Pendants und als Vorbild und Anschauungsobjekt dienen.

Kunststoffrasen sind mehrschichtig aufgebaut

In der obersten Faserschicht befindet sich ein Einstreugranulat (Infill), das dort für Stabilität und Elastizität sorgt und gleichzeitig der Hauptverursacher des Mikroplastikaustrags ist. Die Entwicklung eines biobasierten und biologisch abbaubaren Infills steht deshalb im Zentrum des Projektes. Das Projektteam setzt hier auf die Arboblend®-Werkstoffe von Tecnaro als Grundlage für ihr neues Material. Ziel ist eine biologische Abbaubarkeit von 90 Prozent, im Erdreich innerhalb von 24 Monaten bzw. im Wasser innerhalb von sechs Monaten. Die größte Herausforderung besteht allerdings darin, dass der biologische Abbau erst einsetzt, wenn das Infill in die Umwelt gelangt.

Daneben sucht das Forscherteam auch für die Faserschicht des Kunststoffrasens nach biobasierten Alternativen. Es gilt, Bio-Compounds mit passenden technischen Eigenschaften zu finden und sie optimal zu additiveren. Bei den Materialien ist insbesondere eine hohe Temperaturbeständigkeit für die Sommermonate erforderlich. Für die Elastikschicht sollen sortenreine hochwertige Rezyklate genutzt werden.

Während des Projektes überprüfen die Forschenden den tatsächlichen Kunststoffaustrag vom Platz und dessen Umweltauswirkungen. Sie erstellen eine Ökobilanz für ihr Kunststoffrasensystem und initiieren einen Dialog zwischen den Bürger/-innen und Nutzer/-innen des Platzes im Sinne einer Aus- und Weiterbildung für eine nachhaltige Entwicklung.

Hintergrund: Mikroplastik, also kleinste Kunststoffteile, reichern sich immer mehr in der Umwelt an. Sie stammen aus verschiedensten Quellen. Zum Mikroplastik zählt auch das Kunststoffgranulat (Infill), das für die Befüllung von Kunstrasenflächen eingesetzt und von dort durch Regenfälle, Wind, Schuhe und Bälle unkontrolliert in die Umwelt ausgetragen wird. Nach Angaben der Europäischen Chemieagentur (ECHA) verursachen Kunststoffrasenplätze europaweit jährlich 16.000 Tonnen Mikroplastik-Austrag. Die ECHA hat daher der EU-Kommission ein Verbot des Einsatzes von Kunststoffgranulat auf Kunststoffrasenflächen empfohlen.

Projektinformationen

Der Bau und die Nutzung des Modell-Platzes wird im Verbundprojekt „Nachhaltiger Kunststoffrasenplatz – Entwicklung und Untersuchung am Beispiel der Stadt Ellwangen“ durch das BMEL gefördert und vom Projektträger des BMEL, der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) betreut. Die TECNARO Gesellschaft zur industriellen Anwendung nachwachsender Rohstoffe mbH und die Universität Stuttgart, Institut für Kunststofftechnik führen das bis Mitte 2025 laufende Projekt durch.

Bei der Weiterentwicklung und Optimierung der biogenen Kunststoffe werden die beiden Partner vom Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme (IBBS) der Universität Stuttgart unterstützt. Die Extrusionsversuche für die Kunstrasenfasern werden von der Morton Extrusionstechnik GmbH durchgeführt, die Systementwicklung von Kunststoffrasenteppich und Elastikschicht erfolgt durch FieldTurf Tarkett. Eingebunden in die Arbeiten ist neben der Stadt Ellwangen ein projektbegleitender Ausschuss, an dem u. a. die baden-württembergischen Ministerien für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, das Bundesinstitut für Sportwissenschaft und der Landessportbund Baden-Württemberg beteiligt sind.