Ein höherer Anteil an lokal erzeugtem pflanzlichen Eiweiß in der fleischreichen Ernährung könnte die Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt verringern. Die Erzeugung von pflanzlichem Eiweiß wird jedoch dadurch erschwert, dass es keine Leguminose für die kühlere Klimazonen gibt, deren agronomischer Wert dem der Sojabohne entspricht. Die Ackerbohne (Vicia faba L.) hat ein hohes Ertragspotenzial und eignet sich gut für den Anbau in gemäßigten Regionen, aber bisher fehlten genomische Ressourcen. Ein Forscherteam, an dem auch Wissenschaftler des IPK Leibniz-Instituts beteiligt sind, hat das Genom der Ackerbohne in hoher Qualität auf Chromosomenbasis assembliert.
Die Ackerbohne ist eine der frühesten domestizierten Kulturpflanzen
Sie war Teil des neolithischen Kulturpflanzenpakets, das die ersten Bauern mitnahmen, als sie den Fruchtbaren Halbmond verließen. Auch im 21. Jahrhundert bleibt die Ernährungsqualität ein zentrales Zuchtziel: Neue Ackerbohnensorten sollten einen niedrigen Gehalt an den Alkaloidglykosiden Vicin und Convicin sowie an Gerbstoffen aufweisen. Darüber hinaus sollten die essentiellen Aminosäuren besser auf die menschlichen Ernährungsbedürfnisse abgestimmt werden, während die Phytate und Proteasehemmer im Saatgut reduziert werden sollten, um die Bioverfügbarkeit der Nährstoffe zu verbessern. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Samengröße nicht verändert und die Schädlingsresistenz nicht beeinträchtigt wird, während gleichzeitig die Ertragsstabilität verbessert wird.
Anhand einer qualitativ hochwertigen Genomsequenz der Ackerbohne zeigt das Forscherteam, dass es durch ein Ungleichgewicht zwischen den Raten der Amplifikation und der Eliminierung von Retrotransposons auf eine gewaltige Größe von 13 Gb angewachsen ist. Sie haben das technische Kunststück vollbracht, das riesenhafte Chromosom 1 zusammenzusetzen, das mit 3,3 Milliarden Basenpaaren so größer ist als das gesamte menschliche Genom.
Gene und Rekombinationsereignisse sind gleichmäßig über die Chromosomen verteilt, und der Genraum ist in Anbetracht der Größe des Genoms bemerkenswert kompakt, wenngleich die Kopienzahl aufgrund von Tandemduplikationen erheblich variiert.
„Um die praktische Anwendung der Genomsequenz zu demonstrieren, entwickeln wir einen Test zur gezielten Genotypisierung und nutzen hochauflösende genomweite Assoziationsanalysen, um die genetischen Grundlagen der Samengröße und der Nabelfarbe zu entschlüsseln“, sagt Dr. Murukarthick Jayakodi, Leiter der Unabhängigen Arbeitsgruppe „Körnerleguminosen Genomik“ am IPK und Erstautor der Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht worden ist.
Züchter können sich nun den komplexen Herausforderungen stellen, die durch genomische Ressourcen und Erkenntnisse ermöglicht werden. Das Referenzgenom wird die rasche Einführung neuer Merkmale in Elitematerial erleichtern und ermöglicht leistungsstarke und breit anwendbare Kartierungsansätze.
„Unsere umfangreiche genomweite Annotation bringt nun Licht in diese Effekte und fügt der genombasierten Züchtung eine wichtige Komponente hinzu“, sagt Dr. Murukarthick Jayakodi. Zusammen mit der Identifizierung von Zielgenen eröffnet dies die Möglichkeit des Genklonens. „Die vorgestellten Ressourcen stellen eine genombasierte Züchtungsplattform für die Ackerbohne dar, die es Züchtern und Genetikern ermöglicht, die Verbesserung der nachhaltigen Proteinproduktion in mediterranen, subtropischen und nördlichen gemäßigten agro-ökologischen Zonen zu beschleunigen“, betont der IPK-Forscher.