Um Menschen zu helfen, die vor dem Krieg aus der Ukraine fliehen, haben die EU-Mitgliedstaaten am 4. März 2022 die Richtlinie über vorübergehenden Schutz erstmals aktiviert. Nach einem Jahr hat die EU-Kommission in einer Mitteilung Bilanz gezogen. Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas sagte: „Seit dem Tag der groß angelegten russischen Invasion steht die EU fest an der Seite des ukrainischen Volkes. Die europäische Solidarität hat sich darin gezeigt, dass mehr als vier Millionen Menschen sofortiger Schutzstatus zuerkannt wurde, dass Familien in der EU Menschen in ihr Zuhause und Schulen neue Schülerinnen und Schüler aufgenommen haben, dass Krankenhäuser und medizinische Dienste ukrainische Patientinnen und Patienten versorgt haben, und dass mehr als eine Million aus der Ukraine vertriebene Menschen Arbeit in der EU gefunden haben.
Der vorübergehende Schutz wurde bereits verlängert, und wir sind bereit, ihn noch weiter zu verlängern. Wir werden der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen. Es hat sich auch gezeigt, dass dieses wertvolle Instrument im Instrumentarium der EU verbleiben sollte.“
Die EU hat den Mitgliedstaaten zur Deckung des Bedarfs vertriebener Personen u.a. über „Pakete der Kohäsionsmaßnahmen zugunsten von Flüchtlingen in Europa“ (CARE und FAST-CARE) zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 13,6 Milliarden Euro bereitgestellt. 1 Milliarde Euro an Kohäsionsfondsmitteln wurden umgewidmet, 400 Millionen Euro wurden aus den Fonds im Bereich Inneres bereitgestellt.
Richtlinie über vorübergehenden Schutz
Mit der Richtlinie über vorübergehenden Schutz erhielten alle registrierten Geflüchteten aus der Ukraine das Recht auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung, Gesundheitsversorgung und Unterkunft. In der Mitteilung werden die Umsetzung der Richtlinie im vergangenen Jahr bewertet, gewonnene Erkenntnisse dargestellt und die wichtigsten Bereiche genannt, in denen weitere Anstrengungen erforderlich sind.
Dank der Richtlinie konnten die Formalitäten auf ein Minimum reduziert und den ankommenden Menschen sofortiger Schutz gewährt werden. Dieser von der Richtlinie garantierte Schutz geht mit umfassenden, harmonisierten Rechten einher:
- Zugang zu Registrierung und Dokumenten: Die Mitgliedstaaten richteten rasch Verfahren zur Registrierung und Ausstellung der erforderlichen Dokumente ein.
- Besonderer Schutz für Kinder: Derzeit hat fast ein Fünftel der ukrainischen Kinder Zuflucht in der EU gefunden.
- Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung: Zu Beginn des Schuljahres im September letzten Jahres waren rund eine halbe Million ukrainische Kinder in der EU in einem Bildungssystem eingeschrieben.
- Bekämpfung der Gefahr des Menschenhandels und Unterstützung der Opfer von Kriegsverbrechen: Die EU hat einen gemeinsamen Aktionsplan gegen Menschenhandel erstellt, um vertriebene Menschen zu sensibilisieren und Menschenhandel zu verhindern.
- Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialleistungen: Beinahe 2000 ukrainische Patienten wurden erfolgreich evakuiert und in 20 EU- und EWR-Ländern medizinisch versorgt. In den meisten Mitgliedstaaten erhalten die vor dem Krieg geflohenen Menschen psychische und psychosoziale Unterstützung.
- Zugang zu Beschäftigung: Rund eine Million Vertriebene haben in Europa einen Arbeitsplatz, und die EU hat einen vorläufigen Talentpool (Talent Pool Pilot) eingerichtet, um die Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen.
- Zugang zu Unterkünften und Wohnraum: Die Leitlinien Safe Homes sollen die Mitgliedstaaten, die regionalen und örtlichen Behörden und die Zivilgesellschaft bei Initiativen zur Bereitstellung privaten Wohnraums unterstützen. Es handelt sich um ein Projekt der Internationalen Föderation des Roten Kreuzes, für dessen Umsetzung die Kommission 5,5 Mio. Euro bereitgestellt hat; gleichzeitig hat die Kommission eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht, um durch die Vergabe von Projektzuschüssen
Die von der Kommission unmittelbar nach der Aktivierung der Richtlinie eingerichtete Solidaritätsplattform „Ukraine“ hat für die koordinierte Reaktion eine entscheidende Rolle gespielt. Bei der Umsetzung der Richtlinie wurden die Mitgliedstaaten durch die Kommission und ihre Agenturen operativ unterstützt. Die Asylagentur der Europäischen Union unterstützt 13 Mitgliedstaaten bei ihrem Bedarf in Bezug auf Asyl, Aufnahme und vorübergehenden Schutz.
Rund 200 Frontex-Bedienstete wurden in die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen und in die Republik Moldau entsandt, um das Grenzmanagement zu unterstützen. Auch Europol hat eigenes Personal und abgestellte Beamte in fünf Mitgliedstaaten und in die Republik Moldau entsandt, die Zweitkontrollen im Rahmen der Sicherheitsüberprüfungen durchführen.
In den Mitgliedstaaten wurden drei Zentren für das Katastrophenschutzverfahren der Union eingerichtet, über die mehr als 80.000 Tonnen an Sachleistungen in die Ukraine gebracht wurden.
Darüber hinaus hat die EU finanzielle Unterstützung zur Deckung des Bedarfs vertriebener Personen bereitgestellt. Die EU hat über „Pakete der Kohäsionsmaßnahmen zugunsten von Flüchtlingen in Europa“ (CARE und FAST-CARE) zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 13,6 Milliarden Euro bereitgestellt. 1 Milliarde Euro an Kohäsionsfondsmitteln wurden umgewidmet und 400 Millionen Euro wurden aus den Fonds im Bereich Inneres bereitgestellt. Die EU hat auch ihre Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie den Vereinigten Staaten, Kanada und dem Vereinigten Königreich sowie mit einschlägigen internationalen Organisationen intensiviert.
Nächste Schritte
Die Europäische Union wird der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen. Der Schutz wurde bereits bis März 2024 verlängert und kann bis 2025 verlängert werden. Die Kommission ist bereit, erforderlichenfalls auch Maßnahmen für eine weitere Verlängerung zu treffen.
Gleichzeitig soll weiterhin ein starker EU-weit koordinierter Ansatz verfolgt werden, um für die betroffenen Menschen einen reibungslosen Übergang zu einem anderen Rechtsstatus zu gewährleisten, der über die Höchstdauer des vorübergehenden Schutzes hinaus Zugang zu Rechten gewährt. Für Personen, die aus der Ukraine geflohen sind und wieder nach Hause zurückkehren wollen, soll eine gezielte Unterstützung vorgesehen werden.
In Anbetracht dieses ersten Jahres der Umsetzung ist die Kommission der Auffassung, dass die Richtlinie über vorübergehenden Schutz Teil des auf EU-Ebene verfügbaren Instrumentariums bleiben sollte. Die Kommission wird mit den gesetzgebenden Organen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Europäische Union mit den benötigten Instrumenten ausgestattet ist. Sie wird für eine Verknüpfung mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl sorgen.