977 Tonnen Mikroplastik und 46.900 Tonnen gelöste Polymere gelangen jährlich in Deutschland allein aus Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln (WPR) ins Abwasser. Das sind Ergebnisse einer Studie, die vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT im Auftrag des NABU erhoben wurden. Kläranlagen können die Inhaltsstoffe nicht vollständig abfangen, daher gelangt Mikroplastik trotz Abwasserreinigung in unsere Gewässer. Über den Klärschlamm gelangen auch zurückgehaltene synthetische Polymere auf landwirtschaftliche Flächen.
„Wir brauchen ein EU-Verbot von Mikroplastik in Kosmetik und Reinigungsmitteln. Nur Mikroplastik als Reibkörper in Duschgel und Peeling zu verbieten, wie es manche Staaten verfolgen, greift viel zu kurz. Mikroplastik muss funktions- und produktübergreifend in Kosmetik und Reinigungsmitteln verboten werden, denn es wird auch als Füllstoff, Trübungsmittel und Filmbildner eingesetzt. Das muss auch in der EU-Plastikstrategie konkretisiert werden“, fordert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Industrie müsse schnellstmöglich auf besser abbaubare Ersatzstoffe umsteigen. „Nationale Verbote können den Druck auf die EU erhöhen, sind aber nur eine Notlösung, da Flüsse und Meere keine nationalstaatlichen Grenzen kennen und die Hersteller für internationale Märkte produzieren“, so Miller.
„In Anbetracht der hohen Eintragsmengen und der nicht abzuschätzenden Risiken für die Umwelt müssen auch schwer abbaubare wasserlösliche Polymere über die europäische Chemikaliengesetzgebung reguliert werden. Wir wissen nicht, was flüssige, gelöste und gelartige Polymere für Wirkungen in der Umwelt haben“, sagt Jürgen Bertling, für die Studie verantwortlicher Wissenschaftler am Fraunhofer UMSICHT. „Dabei sollte die lange Verweildauer der Polymere in der Umwelt ein viel stärkeres Gewicht bei der Bewertung der Umweltgefährdung bekommen. Derzeit werden Polymere, einschließlich Mikroplastik, aufgrund der geringen Toxizität als kaum umweltgefährdend eingestuft“, so Bertling.
„Derzeit ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher kaum möglich, Mikroplastik und andere schwer abbaubare Inhaltsstoffe in Produkten zu erkennen. Unterschiedliche Definitionen von Mikroplastik erschweren eine Kennzeichnung und die aktuellen Angaben zu den Inhaltsstoffen bieten Laien quasi keine Informationen“, sagt NABU-Konsumexpertin Katharina Istel. „Wir brauchen daher mehr Transparenz über schwer abbaubare Inhaltsstoffe in Kosmetikprodukten sowie in Wasch- und Putz-mitteln. Zertifizierte Naturkosmetik und Putzmittel mit Umweltkennzeichnungen wie dem Blauen Engel sind aus Umweltsicht die bessere Wahl, haben aber noch extrem geringe Marktanteile. Für den Massenmarkt brauchen wir transparente und verständliche Informationen zu Inhaltsstoffen und Umweltaspekten wie zum Beispiel der Abbaubarkeit in Gewässern.“ In den Flüssen, aber auch insbesondere im Meer, ist Mikroplastik inzwischen allgegenwärtig und wurde bereits in Krebsen, Muscheln und Fischen nachgewiesen. Angesichts der Risiken für Umwelt und Natur muss der Eintrag im Sinne des Vorsorgeprinzips minimiert werden.
Regulierungslücke bei Kosmetik Wie die bestehende gesetzliche Regulierungslücke bei Kosmetik sowie Wasch-, Putz und Reinigungsmitteln geschlossen werden könnte, beispielsweise durch ein Verbot von Mikroplastik sowie die Regulierung auch der gelösten Polymere über die EU-Chemikaliengesetzgebung, zeigt die NABU-Studie. Ebenfalls umfassend aufbereitet wurde, welche Funktionen die Polymere in den Produkten haben und welche besser abbaubaren Ersatzstoffe bereits eingesetzt werden.
Weitere Informationen: Die Studie „Mikroplastik und synthetische Polymere in Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln“ von Fraunhofer UMSICHT im Auftrag des NABU steht unter www.NABU.de/mikroplastik-studie zum Download bereit.