Wie riechen Kunststoffverpackungen?

Gängige HDPE-Verpackungen für Reinigungsmittel könnten besser wieder verwertet werden. Fraunhofer LBF

Was nicht gut riecht, ist schlecht wiederzuverwerten. Diese einfache Regel gilt auch für die weltweit wachsenden Kunststoffabfälle. Ein Weg zu ihrer umweltverträglichen und klimaschonenden Verwertung als hochwertiges »Post-Consumer«-Rezyklat führt über eine verbesserte Sortierung und Wiederaufbereitung. Bislang schränkt die verringerte Materialqualität die Wiederverwendung der Kunststoffrezyklate erheblich ein – das liegt vor allem an ihrem Geruch. Forschende im Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF haben einen neuen umweltfreundlichen Prozess im Labormaßstab entwickelt, um Duftstoffe aus Kunststoffverpackungen zu entfernen.

Das neue Verfahren basiert auf der Druckwasser-Extraktion. Es entfernt den Tracer-Duftstoff Limonen aus kommerziellen HDPE-Verpackungen und kommt ohne organische Lösemittel aus. Das senkt die Kosten und schont die Umwelt. Auf diese Weise lässt sich die Materialqualität aufbereiteter Kunststoffabfälle innerhalb einer Stunde steigern.

Prozessbegleitende Analysen mit Infrarotspektroskopie und Massenspektrometrie liefern dem Forscherteam Daten zur chemischen Zusammensetzung der Proben in Abhängigkeit unterschiedlicher Extraktionsbedingungen. Diese analytischen Daten zeigen, dass nach der Extraktion wesentlich weniger Limonen in den Proben vorhanden ist. Darüber hinaus werden neben dem Duftstoff noch weitere Verunreinigungen und kurzkettiges HDPE aus den Proben entfernt, die ursprünglich in der Verpackung enthalten sind.

Schematische Darstellung der multivariaten Analyse einer Reihe von FTIR-Spektren. Die Farbskala gilt für die Intensität sowie den Anteil von HDPE und den extrahierba-ren Bestandteilen (Geruchsstoffe, Verunreinigungen).
Fraunhofer LBF

Mit dieser Datenbasis als Grundlage ermittelten die Darmstädter Experten optimale Verfahrensparameter für die Druckwasserextraktion von Duft-stoffen aus HDPE-Verpackungen. »Die Projektergebnisse zeigen den Nutzen einer systemischen Herangehensweise zur Lösung aktueller kunststofftechnischer Fragestellungen mit großer gesellschaftlicher Relevanz«, betont Dr.-Ing. Guru Geertz, der das Projekt am Fraunhofer LBF betreut.

Materialanalytik mit Machine-Learning-Methoden optimiert Extraktionsprozess

Zur Entwicklung des Verfahrens waren detaillierte Einblicke in die chemische Kinetik des Extraktionsprozesses notwendig, die mithilfe eines innovativen Ansatzes zur prozessbegleitenden Analytik ermöglicht wurden: Durch die Auswertung der Daten mit Hilfe von Machine-Learning-Methoden konnten die Extraktionsparameter im Sinne einer wirtschaftlichen Prozessführung optimiert werden.

In dem derzeitigen Entwicklungsstadium zeichnet sich für den neuen Prozess ein Anwendungsszenario zur verbesserten Aufbereitung von Kunststoffabfällen ab.

»Das von uns entwickelte Extraktionsverfahren zeigt einen Weg zu aufbereiteten Einwegkunststoffen mit vergrößertem Anwendungsspektrum, und das dient dem Umweltschutz«, sagt Dr. Geertz.

Aufgrund des zugrundeliegenden Konzepts eigne sich der Prozess für Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen, so dass potenziell alle Marktteilnehmer davon profitieren, die Kunststoffprodukte in den Handel bringen.