Untersuchungen zur anthropogene Wärme und dem CO2 im Ozean

Der Supercomputer Lise in Berlin: Um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten, mit denen sie die anthropogene Wärme und das CO2 im Ozean in verschiedenen Klimaszenarien verfolgen kann, nutzt Dr. Ivy Frenger Rechnerkapazitäten des Norddeutschen Verbunds für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (HLRN). Foto:Zuse-Institut Berlin (ZIB)

Der Ozean hat bislang große Mengen des vom Menschen freigesetzten Kohlendioxids und überschüssige Wärme gespeichert. Was geschieht damit, wenn das Ziel erreicht wird, mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen als auszustoßen? Die Klimaforscherin Dr. Ivy Frenger (siehe Foto) vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel will diese Frage mithilfe eines komplexen Erdsystem-Modells beantworten. Für ihr Projekt OSTIA ( Die Rolle des Ozeans bei der Abschwächung des Klimawandels) erhält sie einen der renommierten Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) in Höhe von 1,5 Millionen Euro.

Foto: I.Thomsen (GEOMAR)

„Es ist Grundlagenforschung“, sagt Frenger, „wir müssen die Prozesse verstehen, um ermessen zu können, was die Konsequenzen unserer Eingriffe sein könnten, wie zum Beispiel eine starke aktive Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre.“ Ihre Fragestellung betrachtet erstmals wie sich sowohl das im Ozean seit der Industrialisierung angesammelte Kohlendioxid (CO2) als auch die Wärme unter solchen Bedingungen verhalten und welche Prozesse im Ozean dabei jeweils die Wichtigsten sind, insbesondere, welche Rolle Transporte und Mischung durch Wirbel spielen.

„Rund 40 Prozent der Emissionen fossiler Brennstoffe und 90 Prozent der Wärme hat der Ozean aufgenommen. Jetzt haben wir das politische Ziel, die Emissionen zu stoppen oder sogar, wenn wir unser Klimaziel verfehlen, langfristig CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen. Was passiert dann mit dem, was der Ozean bereits aufgenommen hat?“, umreißt Frenger das Problem.

Ozean und Atmosphäre stehen in ständigem Austausch, und das System versucht immer, ein Gleichgewicht herzustellen: Wenn sich mehr Gas in der Atmosphäre befindet als im Wasser, wird CO2 vom Ozean aufgenommen, sinkt der atmosphärische CO2-Gehalt und kühlt sich das Klima in der Folge ab, setzt der Ozean zuvor aufgenommenes CO2 und Wärme wieder frei.

Frenger: „Unsere Emissionen sind nicht weg, sie werden nicht vergessen, der Ozean erinnert sich für Jahrtausende an die menschengemachte Störung.“

Dr. Frenger interessiert, wann und wo die Freisetzung von CO2 und Wärme passieren wird und welche globalen und regionalen Auswirkungen dies auf das künftige Klima haben wird. Dafür nutzt sie ihr Wissen über Ozeanwirbel, die aufgenommenes CO2 und Wärme vom Ort der Aufnahme zum Ort der Abgabe transportieren könnten. Dieses Phänomen wird sie in ein komplexes Erdsystem-Modell einbauen, mit dem es möglich ist, auf Zeitreise zu gehen, um die Ausbreitung des aufgenommenen Kohlendioxids und der Wärme im Ozean zu verfolgen und die Auswirkungen auf unser zukünftiges Klima abzuschätzen.

Der Ozean hat bislang große Mengen des vom Menschen freigesetzten Kohlendioxids und überschüssige Wärme gespeichert. Was geschieht damit, wenn das Ziel erreicht wird, mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen als auszustoßen? Diese Frage möchte Dr. Ivy Frenger mit ihrem Projekt OSTIA beantworten. Illustration: Ivy Frenger

„Im Modell kann man experimentieren“, hebt die Wissenschaftlerin einen Vorteil ihres Ansatzes hervor, „da kann ich schauen, wie beispielsweise das System reagiert, wenn wir die international vereinbarte Grenze von 1,5 Grad Erwärmung überschreiten.“ Der zweite große Vorteil: „Temperatur und CO2-Gehalt des Wassers lassen sich messen, aber daran lässt sich nicht erkennen, was davon der menschengemachte Anteil ist.“ Im Erdsystem-Modell lässt sich das darstellen, denn die präindustriellen Werte sind bekannt, und alles darüber hinaus kann als menschengemachte Störung identifiziert werden.

Um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten, mit denen sie die anthropogene Wärme und das CO2 im Ozean in verschiedenen Klimaszenarien verfolgen kann, wird sie das Supercomputersystem verwenden, das der Norddeutsche Verbund für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (HLRN) extra für Wissenschaft und Forschung betreibt.