Meeresströmungen steuern die Struktur des Ozeanbodens und den Transport von Sedimenten, organischem Kohlenstoff, Nährstoffen und Schadstoffen in der Tiefsee. Forschende des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen haben bei Beckenexperimenten simuliert, wie Strömungen den Meeresboden formen und Sedimentablagerung kontrollieren. Damit möchten sie vergangene Meeresbedingungen rekonstruieren.
Nicht nur Proben aus dem Ozeanboden verraten Forschenden Details über vergangene Klimabedingungen, sondern auch die Oberflächen, die beständig Strömungen ausgesetzt sind und sich demnach immer verändern. Durch bodennahe Meeresströmungen geformte Ablagerungen werden als Konturite bezeichnet.
Diese Sedimentablagerungen enthalten Informationen sowohl zu vergangenen Ozean- als auch zu Klimabedingungen. Oft werden Konturite an Kontinentalhängen oder um Tiefseeberge herum gefunden. Sie können überall dort vorkommen, wo starke Strömungen in der Nähe des Meeresbodens auftreten. Die Mechanismen dahinter sind bislang noch nicht gut verstanden. Um das zu ändern, helfen Versuche in Becken, um künftig Ablagerungen in Modellen abzubilden.
Veränderungen in Beckenversuchen im Detail beobachten
Henriette Wilckens, Erstautorin der nun erschienenen Studie, hat dafür in einem speziellen Wasserbecken an der Universität Utrecht (Niederlande) einen Kontinentalhang nachgebildet. Im Becken wurden die Strömungen und der Sedimenteintrag mit Pumpen simuliert und mit einem Strömungsmesser beobachtet. Die Bildung und Entwicklung der Sedimentablagerungen wurde mit einem Laserscanner gemessen. All diese neuen Daten wurden mit Messungen natürlicher Systeme im Ozean verglichen, um die Ergebnisse der Experimente zu validieren.
„Die interne Sedimentarchitektur der Konturiten kann in seismischen Daten beobachtet werden, aber um die Informationen über frühere Meeresströmungen zu entschlüsseln, brauchen wir ein besseres Verständnis darüber, wie sie sich entwickelt haben und welche Faktoren die Konturitensysteme beeinflussen“, erklärt Wilckens.
Während unklar ist, wie natürliche Meeressysteme am Ozeanboden, die teilweise über sehr lange Zeiträume von mehreren Tausend bis Millionen von Jahren hinweg entstanden sind, können Wissenschaftler in Beckenversuchen Veränderungen im Detail beobachten und Strömungsgeschwindigkeiten kontrollieren.
Einsatzpotential der Modelle riesig
„Unser Experiment ist auch auf die ganze Tiefsee und sogar für Seen übertragbar“, sagt Henriette Wilckens, und zwar überall, wo es eine Steigung, Terrassen, Tiefseeberge oder zum Beispiel Kaltwasserkorallenhügel in der Tiefsee gibt. Denkbar sei auch ein Einsatz der Modelle, um zum Beispiel besser abschätzen zu können, wie Strömung Mikroplastikpartikel oder etwa Schadstoffe in Ozeanen transportiert. „Das Einsatzpotential“, sagt Wilckens, „ist riesig – man muss das System erst einmal verstehen, um daraus Informationen ableiten zu können.“
Neuer Forschungszweig eröffnet
„Diese Forschungsarbeit ist ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Verständnis der Art und Weise, wie Meeresströmungen die Ablagerung von Partikeln im Meeresboden steuern, was wichtige Auswirkungen auf paläozeanographische Rekonstruktionen und die benthische Ökologie hat. Damit wurde ein neuer Forschungszweig eröffnet, der wahrscheinlich noch viele spannende Entdeckungen bringen wird“, so Elda Miramontes Co-Autorin der Studie und Leiterin der Arbeitsgruppe „Sedimentologie“ am MARUM.