Das Thema Nachhaltigkeit erfährt aktuell eine intensive Diskussion. Unternehmen sehen sich aufgrund der sich verändernden regulatorischen Rahmenbedingungen zunehmend mit Fragen zum nachhaltigen, idealerweise CO2-neutralen Wirtschaften konfrontiert. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt das vor besondere Herausforderungen. Eine Forschungsgruppe der Westfälischen Hochschule hat jetzt eine Studie veröffentlicht, die den Status Quo zum Nachhaltigkeitsreporting in KMU im Westmünsterland beleuchtet, die größten Handlungsbedarfe herausarbeitet und konkrete Empfehlungen für die Unternehmen ableitet. Unterstützt wurde sie dabei von der IHK Nord Westfalen und der Spaleck GmbH & Co. KG.
Im Januar 2023 trat die „Corporate Sustainability Reporting Directive“(CSRD) in Kraft. Die EU-Richtlinie zielt darauf ab, dass Unternehmen auf Grundlage umfassender Standards vergleichbare, detaillierte und verlässliche Nachhaltigkeitsinformationen veröffentlichen. Die Berichtspflicht wurde im Rahmen der CSRD so ausgeweitet, dass erstmals auch kleine und mittlere Unternehmen verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu informieren. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Nachhaltigkeitsreporting zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft nicht nur das Berichtswesen, sondern auch seine Funktion als umfassendes Managementinstrument zur ganzheitlichen Planung, Umsetzung und Steuerung von Nachhaltigkeitsstrategien.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Christian Kruse und Prof. Dr. Urs Pietschmann vom Bocholter Fachbereich Wirtschaft und Informationstechnik hat sich in einer Studie damit beschäftigt, wie umfassend regional ansässige Unternehmen auf ein umfangreiches Nachhaltigkeitsreporting vorbereitet sind. Dafür wurden vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen aus dem westlichen Münsterland zum aktuellen Stand ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten befragt. An der leitfadengestützten Onlinebefragung, die mit Unterstützung der IHK Nord Westfalen versendet wurde, nahmen 179 Unternehmen teil. Die 29 Fragen deckten dabei ganz unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeitsstrategie ab. Diese reichten von der genutzten Software für die Berichtserstellung, über Standards und Kennzahlen für Nachhaltigkeitsberichte bis hin zu personellen Ressourcen und Kompetenzen im Nachhaltigkeitsmanagement sowie den zeitlichen und budgetären Planungen.
Im Dezember 2023 wurden die Ergebnisse in einer umfassenden Studie veröffentlicht. Diese zeigt, dass sich viele regionale Unternehmen noch in einer frühen Phase des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements befinden und keine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie implementiert haben.
„Mit Standards für ökologisches Wirtschaften sowie umfangreichen Berichts- und Offenlegungspflichten zur Nachhaltigkeit will die EU unter anderem die Kreditvergabe an Unternehmen zukünftig davon abhängig machen, ob und in welchem Umfang sie vor allem Klima- und Umweltziele einhalten“, erläutert Sven Wolf, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung bei der IHK Nord Westfalen, den Hintergrund von Sustainable Finance.
Zwar seien die meisten Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten aktuell noch nicht direkt davon betroffen. Über die Wertschöpfungsketten und bei Kapitalbedarf könne das aber sehr schnell der Fall sein. „Auch kleine und mittlere Unternehmen sollten sich darum schon jetzt mit dem Thema auseinandersetzen“, rät Wolf.
Die Studienergebnisse verdeutlichen darüber hinaus, dass die derzeit größten Herausforderungen für regionale KMU im Ressourcenaufwand sowie der Datenbereitstellung und Informationsbeschaffung im Zusammenhang mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung liegen. „Wichtig war uns daher – neben der Erfassung des Status Quo und der Identifizierung der konkreten Handlungsfelder – auch die Ableitung von für KMU geeigneten Handlungsmaßnahmen und von Ansatzpunkten zur digitalen Unterstützung“, so Prof. Dr. Urs Pietschmann von der Westfälischen Hochschule. „Die Studie liefert daher ein erstes Konzept für ein digital gestütztes Nachhaltigkeitsreporting, welches kleinen und mittleren Unternehmen als praxisnahe Handreichung dienen und den Umgang mit den neuen EU-Anforderungen erleichtern soll“ ergänzt Prof. Dr. Christian Kruse.
„Die Studie verdeutlicht das gesteigerte Bewusstsein unserer regionalen Wirtschaft für die Verantwortung eines nachhaltigeren Wirtschaftens, aber auch die teilweise fehlende Kenntnis und Vorbereitung. Nicht jedes Unternehmen kann sich einen eigenen Nachhaltigkeitsmanager leisten, aber mit der Westfälischen Hochschule vor der Haustür und dem Beratungsangebot zum Beispiel der IHK Nord Westfalen, können sich Unternehmen dazu fachkundige und praxisorientierte Unterstützung holen. Sei es durch Werksstudierende, die beim Aufbau des Nachhaltigkeitsreportings helfen können oder durch den Austausch und die Vernetzung mit anderen Unternehmen in der Region. Nachhaltigkeit betrifft uns alle. Gemeinsam können wir aktiv dazu beitragen“, so Carsten Sühling, Geschäftsführer der Spaleck GmbH & Co. KG, über die verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote. Die Erstellung der Studie wurde mit einer Spende aus der Otto-Spaleck-Stiftung unterstützt.
Eine digitale Version der Studie kann unter der Adresse https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:1010-opus4-42856 heruntergeladen oder über die Autoren auch als Printexemplar bezogen werden.
Kruse, Christian; Pietschmann, Urs; Kumpf, Max; Wesseling, Jonas (2023): Nachhaltigkeitsreporting für kleine und mittlere Unternehmen, Westfälische Schriften zum Nachhaltigkeitsmanagement, Westfälische Hochschule, Bocholt, 2023, online verfügbar unter https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:1010-opus4-42856.