„Die Zoos müssen sich laufend verändern“

(c)L.Iwon,Arche Warder,Poitou Blauer Pfau
Prof. Frölich

Der Arche Warder Zoo ist ein Tierpark in Schleswig-Holstein, Deutschland, der sich auf die Haltung und Zucht bedrohter Haustierrassen spezialisiert hat. Der Zoo beherbergt eine Vielzahl von seltenen und alten Nutztieren wie zum Beispiel Esel, Ziegen, Schweine und diverse Geflügelarten. Der Arche Warder Zoo setzt sich für den Erhalt und Schutz dieser bedrohten Tierarten ein und bietet den Besuchern die Möglichkeit, mehr über die Bedeutung der Arterhaltung und dem Schutz der Biodiversität zu erfahren. Wir sprachen mit dem Direktor des Zoo Kai Frölich. Er ist ein deutscher Biologe, Tierarzt und Hochschullehrer. Frölich war von Sommer 1992 bis Dezember 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin tätig, von 1997 bis Jahresende 2006 hatte er dort die Leitung der Forschungsgruppe „Wildtierkrankheiten“ inne. Seit Frühjahr 2007 ist er Direktor des Tierparks Arche Warder. Frölichs Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Zoo- und Wildtierkrankheiten, Artenschutz, Haus- und Wildtierkunde sowie alte Haustierrassen.


Herr Frölich, den Arche Warder Zoo gibt es ja schon eine ganze Weile. Unter Ihrer Leitung hat es inzwischen signifikante Veränderungen und Erweiterungen gegeben. Was ist die Grundidee dahinter?
Zusammenfassend könnte man sagen, wir verfolgen ein holistisches Konzept mit 6 Zielen. Im Prinzip geht es uns um unsere Tiere, um den Erhalt alter Rassen, um unsere Besucher und deren Bildung, aber eben auch um Forschung, Naturschutz und internationale Vernetzung.

(c)L.Iwon,ArcheWarder, Poitou Blauer Pfau

Lassen Sie uns mit der Erhaltung beginnen. Gehört zu dieser Idee auch die Genreserve der alten Nutztiere im Klimawandel?

Normalerweise dienen die alter Rassen als tiergenetische Ressource und als wichtiger Bestandteil des Landschaftsschutzes. Darüber hinaus sind sie natürlich auch wichtig zum Erhalt der Biodiversität. Ich gebe Ihnen auch gerne ein interessantes Beispiel für den Klimaschutz, den Pleistozän-Park. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftlich begleitetes ökologisches Experiment und Klimaschutzprojekt in Ostsibirien am Unterlauf des Flusses Kolyma. Dort wird versucht die Megafauna der Eiszeit nachzustellen. Die ausgestorbenen Tiere dieser Zeit werden im ökologischen Zusammenhang quasi auch durch alte Rassen, wie beispielsweise Jaks oder eine robuste Pferderasse statt der ausgestorbenen Auerochsen und Wildpferde, ersetzt. Also Rassen, die eine ähnliche ökologische Funktion einnehmen können.

Eine Funktion im Klimawandel?

Ja richtig, denn es geht in Sibirien um die Permafrostböden. In diesen Böden sind riesige Mengen CO2 enthalten. Wenn diese Böden auftauen würden, was in Ansätzen bereits geschieht, hätte dies dramatische Folgen. Hier kommen nun die alten Rassen ins Spiel. Sie scharren, um an das Gras zu kommen, wie die Tiere der Eiszeit, den Schnee vom Boden. Schnee ist wie eine Isolation für den Boden. Weggescharrt wird der Boden kälter. Untersuchungen habe gezeigt, dass die Tiere hier für einen signifikanten Temperaturunterschied sorgen und damit bleibt der Permafrostboden kälter.

Welche weiteren Funktionen haben alte Rassen noch?

Alte Rassen können für die sehr wichtige Offenhaltung von Flächen durch selektive Beweidung dienen. Dadurch wird, wie vielfach dokumentiert, die Gesamt-Biodiversität bei Pflanzen und Tieren deutlich erhöht. Dies spiegelt im Prinzip eine lange Koevolution zwischen Pflanzen und Tieren wider. Die professioneller Beweidung, also mit dem richtigen Tier und Pflanzenmanagement, ist ein Schlüssel zur Erhaltung der Biodiversität.

Biodiversität braucht in diesem Fall viele Tiere und viel Platz.

Wir sind tatsächlich weltweit die größte Institution in Bezug auf Fläche, Mitarbeiter und Tiere, die sich mit der Haltung alter Rassen beschäftigt. Die Arche Warder ist somit auch Europas größter Tierpark für seltene und vom Aussterben bedrohte Haus- und Nutztierrassen. Auf 40 ha Parkfläche sowie 160 ha landwirtschaftlichen Pachtlandes leben etwa 1200 Tiere aus 86 Rassen sowie sieben Wildtierarten. Die diversen Satellitenstationen in Schleswig-Holstein haben eine wichtige Funktion. Es sind z.B. Weiden außerhalb des Tierparks, die der Arche Warder ermöglichen, eine höhere Anzahl an Tieren zu halten. Zudem können die Tiere wie z.B. Rinder, Pferde und Schafe als Landschaftspfleger eingesetzt werden.

Sind Sie dabei auch in Sachen Zucht unterwegs?

Absolut, unsere Zuchtprogramme sind für uns ein praktischer Beitrag zum Naturschutz. Durch unsere gezielte Züchtungen wollen wir die wertvollen alten Rassen erhalten und, wenn möglich die Bestände vergrößern. Wir sind davon überzeugt, dass wir damit einen Beitrag sowohl für die ökologische als auch für die konventionelle Landwirtschaft leisten können.

(c)L.Iwon, Arche Warder, Turopolje Schwein

Was haben Sie sich noch vorgenommen?

Bildung, wir wollen die Rolle der Nutztiere für die kulturelle Entwicklungsgeschichte des Menschen unseren Besuchern näher bringen. Und dabei haben wir, bei über 100.000 Besucher pro Jahr, eine Menge zu tun. Dazu beschäftigen wir 5 Mitarbeiter in der Zoopädagogik, mit denen wir ein pädagogisches Konzept entwickelt haben , mit dem wir alle Bildungsschichten erreichen können. Aber leider bekommen wir trotz dieser Mühen und der Bildungsarbeit keine nachhaltige, staatliche Unterstützung.

Wie sehen Sie die zukünftige Rolle der Zoos. Gibt es neben den Punkten, die Sie bereits genannt haben, noch weitere Aufgaben?

Ich glaube, dass sich die Zoos laufend verändern müssen – was ja um Teil auch schon geschieht. Dabei ist eine wichtige Aufgabe auch die sogenannte In-situ-Erhaltung. Dabei geht es darum, die Erhaltung genetischer Ressourcen in natürlichen Populationen von Pflanzen- oder Tierarten vor Ort zu betreiben. Dieser Prozess schützt die Bewohner und gewährleistet die Nachhaltigkeit der Umwelt und des Ökosystems beispielsweise in Afrika. Wo es übrigens ein fast historisches Vorbild für ein derartiges Engagement gibt, den Serengeti-Nationalpark. Ohne den damaligen Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek und den Einsatz der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft würde es diesen Nationalpark so nicht mehr geben. Einem solchen Beispiel sollten wir folgen und uns als Zoo weltweit für den Erhalt der Natur einsetzen. Dies muss nicht in dem großen Stil eines Bernhard Grzimek geschehen. Es gibt eine große Bandbreite eines möglichen Engagement der Zoos. Beispielsweise die Natur im eigenen kommunalen Nahbereich schützen.