In der stark umkämpften Photovoltaikindustrie können technische Innovationen entscheidende Vorteile bringen, insbesondere für deutsche und europäische Marktteilnehmer. Voraussetzung dafür sind ein funktionierender Wettbewerb und die Möglichkeit, den Schutz geistigen Eigentums durchsetzen zu können. Hier setzt das neue Projekt »IP-Schutz« an, in dem das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) zusammen mit Partnern an präparativen und analytischen Verfahren forscht, um rechtssichere Nachweise von Patentverletzungen erbringen zu können.
Für den kontinuierlichen Ausbau der Photovoltaik und den nachhaltigen Aufbau von Fertigungskapazitäten für Solarzellen sind technologische Weiterentwicklungen und funktionierender Wettbewerb auf internationalen Märkten entscheidend. Technologische Alleinstellungsmerkmale erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit nur dann nachhaltig, wenn sie durch wirkungsvollen Patentschutz begleitet werden, da Erfindungen in Solarzellen kopiert werden können und Schutzrechtsverletzungen schwer erkennbar sind. Hersteller berücksichtigen zunehmend die juristisch-technologische Absicherung von »intellectual property« (IP) für bestehende und zukünftige Solarzelltechnologien wie PERC, HJT, TOPCon, Rückkontaktzellen oder Perowskit-Tandems.
»Praxisrelevante und juristisch belastbare materialanalytische Methoden zur Bewertung von Schutzrechtsverletzungen sind für die Photovoltaik-Industrie von großem Interesse. Sie sind Voraussetzung für die industrielle Verwertung von Forschungsergebnissen und betreffen schon heute erhältliche Solarmodule auf internationalen Märkten ebenso wie die Absicherung zukünftiger Patente in der Vorausentwicklung«, sagt Dr. Marko Turek, kommissarischer Gruppenleiter »Diagnostik und Metrologie Solarzellen« am Fraunhofer CSP.
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK geförderte Projekt »IP-Schutz – Hochauflösende Material- und Dünnschicht-Analytik für »next generation«-Solarzelltechnologien zum Schutz des geistigen Eigentums für deutsche und europäische Marktteilnehmer«, das noch bis März 2027 läuft, verfolgt das Ziel, neue präparative Verfahren und analytische Techniken für die hochauflösende Material- und Dünnschichtcharakterisierung mit Fokus auf den Grenzflächen zu entwickeln.
Innovative Verfahren zur großflächigen Präparation und hochauflösenden Charakterisierung von verkapselten Schichten, zur Lokalisierung von mikroskopischen Strompfaden und zur Bewertung von lokalen Passivierungseigenschaften stehen im Mittelpunkt. Diese Methoden sollen mit vereinfachten und schnellen Messverfahren korreliert und in die Routine-taugliche Anwendung gebracht werden.
Das Fraunhofer CSP bringt im Projekt sein umfangreiches Know-How und seine exzellente Geräteausstattung im Bereich der Material- und Dünnschicht-Analytik ein.
»Für die Entwicklung von neuartigen Präparationsverfahren, mit denen der schädigungsarme, analytische Zugang zu vergrabenen Grenzflächen in Solarzellen geschaffen werden soll, setzen wir großflächig anwendbare Ätz- und Polierverfahren wie etwa Schrägschliffe auf der Grundlage von Plasma-Polieren und Ultrakurzpulslaser-Ablationstechniken ein«, sagt Dr. Stefan Lange, der Projektleiter von »IP-Schutz« und kommissarischer Teamleiter »Solarzelldiagnostik« am Fraunhofer CSP.
Durch kombinierte Tiefenprofilierungs-Messverfahren (TEM, ToF-SIMS, XPS) kann mit höchster Sensitivität die Untersuchung von organischen und anorganischen Schichten und Grenzflächen mit der erforderlichen Nachweisgrenze und Tiefenauflösung bis in den atomaren Bereich erfolgen. Für den Nachweis von prozess- und materialbedingten mikroskopischen Strompfaden sowie ihrer räumlichen Verteilung, Größenklasse und spezifischen funktionalen Merkmalen nutzt das Team Rastersondentechniken, elektronenstrahlbasierte Verfahren und Nano-Probing.
»Wir können Unternehmen, die ihre innovativen Produkte schützen möchten, durch unsere Untersuchung bestmöglich unterstützen, so dass eine eindeutige und juristisch stichhaltige Bewertung von Material- und Grenzflächeneigenschaften zusammen mit Ursache-Wirkungs-Prinzipien in zukünftigen Solarzellenmultilagensystemen möglich sein wird«, ergänzt Lange.