600 Millionen Afrikaner haben in ihren Haushalten keinen Zugang zu Elektrizität. Daher fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den Ausbau des Energiezugangs im ländlichen Afrika. Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) hat die vom BMZ finanzierten Maßnahmen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Bedürfnisse der energieärmsten Bevölkerungsgruppen, zu denen insbesondere Frauen und Mädchen zählen, nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gleichzeitig erweist sich die Förderung einer einkommensgenerierenden Nutzung regenerativer Energien durch Kleinunternehmen als wirksam und sollte daher ausgebaut werden.
Energiezugang im ländlichen Afrika
43 Prozent aller Afrikaner, von denen fast alle in Subsahara-Afrika leben, haben in ihren Haushalten keinen Zugang zu Elektrizität. Dieses Entwicklungshemmnis betrifft insbesondere die ärmsten Bevölkerungsgruppen sowie Frauen und Mädchen, da Haushaltsaktivitäten traditionell in deren Verantwortungsbereich fallen.
Aber auch die Hälfte der Krankenhäuser und Gesundheitsstationen in Subsahara-Afrika hat keinen verlässlichen Zugang zu Elektrizität – mit der Folge, dass weder Medikamente sicher gelagert noch medizinische Geräte zuverlässig betrieben werden können. Notfälle müssen teilweise mithilfe von Handy-Beleuchtung und Taschenlampen behandelt werden. Ohne Energiezugang ist zudem der erfolgreiche Betrieb von Kleinunternehmen massiv erschwert.
Mit der Agenda 2030 und ihrem Ziel 7 für nachhaltige Entwicklung (SDG 7) haben sich die Vereinten Nationen und als ihr Mitglied auch Deutschland verpflichtet, bis 2030 den Zugang für alle Menschen zu bezahlbarer, moderner und zuverlässiger Energie zu erreichen. Daher ist es ein Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, die Energiearmut in den Partnerländern zu verringern und Privathaushalte sowie soziale Einrichtungen und Unternehmen nachhaltig mit bezahlbarer und verlässlicher Energie zu versorgen.
Kosten für energieärmste Bevölkerungsgruppen zu hoch
In der Entwicklungszusammenarbeit gibt es verschiedene Ansätze, um den Energiezugang zu fördern. Während man hierfür in urbanen Regionen hauptsächlich auf den Ausbau des zentralen Stromnetzes setzt, ist dieser Ansatz in ländlichen Gebieten mit großen Entfernungen zum Netz und geringem Energieverbrauch selten rentabel. Im ländlichen Raum kommen daher eher Photovoltaik-Anlagen oder solarbetriebene Geräte wie Pumpen und Mühlen zum Einsatz.
Während der Ausbau des Zentralnetzes in der Regel aus öffentlichen Geldern finanziert wird, soll die Anschaffung solarbetriebener Geräte größtenteils von den Nutzenden selbst finanziert werden. Die Evaluierung zeigt, dass solche marktbasierten Ansätze kaum geeignet sind, einen Energiezugang für alle Menschen bis zum Jahr 2030 zu schaffen. Denn trotz fallender Preise für netzunabhängige Ansätze sind die Anschaffungskosten insbesondere für die energieärmsten Bevölkerungsgruppen häufig noch zu hoch.
Auch zeigen die Ergebnisse, dass die Zahlungsfähigkeit der Endnutzenden und deren Unterstützungsbedarfe oftmals bereits in der Konzeption von Maßnahmen unberücksichtigt bleiben. Dazu Dr. Mascha Rauschenbach, Teamleiterin der Evaluierung:
„Die Entwicklungszusammenarbeit sollte die Ausweitung des erstmaligen Energiezugangs mehr an den Bedürfnissen und finanziellen Kapazitäten von Frauen und Mädchen sowie weiteren energiearmen Bevölkerungsgruppen und Haushalten ausrichten. So können vulnerable Gruppen besser berücksichtigt und eine geschlechtergerechte Entwicklungspolitik umgesetzt werden.“
Einkommensgenerierende Energienutzung stärker fördern
Der Zugang zu Energie allein reicht nicht aus, um die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Afrika voranzutreiben. Vielversprechend sind Ansätze, die zusätzlich auch die Energienutzung für wirtschaftliche Aktivitäten fördern, beispielsweise über solarbetriebene Getreidemühlen oder Bewässerungspumpen.
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Wie die Evaluierung zeigt, konnten durch ihren Einsatz viele ländliche Unternehmen in Benin, Senegal und Uganda ihre Energiekosten senken und gleichzeitig ihre Erträge und Einnahmen steigern. Bisher machen diese Ansätze mit 11,6 Prozent aber nur einen geringen Anteil des BMZ-Portfolios zum Energiezugang in Afrika aus. Somit sind die Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Energiebereich wenig relevant für die wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Afrika. Das DEval empfiehlt daher, Maßnahmen zur produktiven Nutzung von Energie gezielt zu fördern und weiter auszubauen.
Datengrundlage
In dieser Evaluierung wurden die Maßnahmen zum Energiezugang in Afrika, die aus BMZ-Mitteln finanziert und von der KfW Entwicklungsbank und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchgeführt werden, in einer Portfolioanalyse untersucht. Zudem wurden ein Literaturgutachten erstellt und in Benin, Uganda und im Senegal – drei Partnerländern des BMZ mit sehr unterschiedlicher Elektrifizierungsrate – Primärdaten erhoben und quasi-experimentelle Kontrollgruppenvergleiche durchgeführt. Dazu zählten sowohl Interviews mit Akteuren der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und den Partnerregierungen als auch quantitative Umfragen und Fokusgruppendiskussionen mit den Zielgruppen – also der ländlichen Bevölkerung und kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen in diesen Regionen.