Verwertung von Brokkoli-Nebenströmen

Ein Großteil der Pflanze verbleibt bisher ungenutzt auf dem Feld. Hannah Ovelhey Hochschule Osnabrück

Seit August 2024 läuft das Forschungsprojekt ErnteWert „Nachhaltige Ernte für einen gesunden Mehrwert – Lebensmittelinnovationen aus Nebenströmen des Brokkolianbaus“. Der Ansatz zielt darauf ab, unerwünschte Umweltauswirkungen wie die Lachgasemission und Nitratauswaschung aus Böden durch reduzierte N-Düngemengen und optimierte Ernteverfahren zu minimieren.

Saftig grüne Röschen und ein voller Strunk, so schätzen Verbraucherinnen und Verbraucher den Brokkoli. Dabei wird das Potenzial des gesundes Gemüses noch nicht vollends ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund trafen sich im August 2024 das DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V. und die Hochschule Osnabrück zum Auftakttreffen des Forschungsprojektes ErnteWert. Unter dem Titel „Nachhaltige Ernte für einen gesunden Mehrwert – Lebensmittelinnovationen aus Nebenströmen des Brokkolianbaus“ verfolgt das dreijährige Projekt das Ziel, Lebensmittelverluste zu vermeiden und neue, gesunde Lebensmittel zu entwickeln.

In Deutschland werden jährlich große Mengen Brokkoli angebaut, geerntet wird jedoch nur die Blume. Dies bedeutet, dass rund 70 Prozent der Pflanze ungenutzt auf dem Feld verbleiben. Das Projekt zielt darauf ab, diese bislang ungenutzten Pflanzenteile sinnvoll zu verwerten und in die Lebensmittelproduktion einzubringen. Das Projekt wird mit rund 900.000 Euro vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreut.

Der Anbau und die Verwertung der gesamten Pflanze stehen im Fokus

Ein Ansatz, den die Forschenden verfolgen, ist die Verwertung sogenannter Nebenströme für die Herstellung neuer Lebensmittel mit hohem Nährwert. Das sind zum Beispiel: Pesto, Suppen, Gemüsefrikadellen sowie Teigwaren. Eine Biofortifikation mit Selen d. h. die gezielte Erhöhung des Selengehalts in der Nutzpflanze, soll zudem die Stickstoffeffizienz erhöhen und den Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen steigern.

Das Projektteam prüft also, ob Selen den Stickstoffeinsatz beim Brokkolianbau verbessert und ob dadurch weniger Stickstoffdünger nötig ist, wodurch zeitgleich klimaschädliche Lachgasemissionen (N₂O) deutlich reduziert werden. Zudem untersuchen die Forschenden, wie sich unterschiedliche Düngemengen und die Nutzung verschiedener Brokkoliteile – Strunk, Blätter – nach der Ernte auf die Lachgasemissionen auswirken. Ebenfalls im Fokus: der Einfluss der verschiedenen Verwertungsmethoden der Brokkoli-Nebenströme auf den CO₂-Fußabdruck.

Weitere Fragestellungen betreffen, wie die Selen-Biofortifikation und verschiedene Verarbeitungstechniken den Gehalt an wertvollen und wertmindernden Inhaltsstoffen in den neuen Lebensmittelprodukten beeinflussen. Umfragen sollen zeigen, wie Konsument:innen zu den Neuentwicklungen aus Brokkoli-Nebenströmen stehen.

Außerdem identifizieren sie mögliche Hürden und Anreize für die Integration ungenutzter Pflanzenteile in die Wertschöpfungskette, vom Anbau über die Verarbeitung bis hin zum Einzelhandel. Schließlich umfasst das Projekt auch die Entwicklung und sensorische Bewertung neuer Lebensmittelprodukte sowie die Testproduktion im Technikumsmaßstab, um die praktische Umsetzung der Ideen zu prüfen.

Auftakt legte eine solide Grundlage für die gemeinsame Projektarbeit

Beim Auftakttreffen stellten Prof. Dr. Diemo Daum und Hannah Ovelhey von der Hochschule Osnabrück ihre Konzepte zum nachhaltigen Brokkolianbau vor. Dr. Nino Terjung und Franziska Witte vom DIL sind für die Produktentwicklung verantwortlich, die sich eng an den Erkenntnissen der Verbraucherforschung orientiert. Letztere leiten Prof. Dr. Ulrich Enneking, Dr. Sebastian Kretschmer und Ann-Kristin Welk (alle HS Osnabrück) und befragen dazu Verbraucher:innen und die produzierenden Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Parallel dazu arbeiten Prof. Dr. Sergiy Smetana und Abbigel Sadhu vom DIL an einer Lebenszyklusanalyse (LCA). Dabei identifizieren sie die Schlüsselbereiche, in denen Verbesserungen besonders wirksam auf den CO2-Fußabdruck sind.

Brokkolipflanze ohne Blume. Hannah Ovelhey. Hochschule Osnabrück

Franziska Witte, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Produktinnovation am DIL, kommentierte das Treffen: „Es war ein produktiver Austausch, der uns wichtige Einblicke in die Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Verwertung von Brokkoli-Nebenströmen gegeben hat. Wir sind gespannt auf die nächsten Schritte und darauf, wie unsere Entwicklungen zur Nachhaltigkeit im Gemüseanbau beitragen werden.“

Neben den Präsentationen und Diskussionen bot der Auftakt eine Führung durch die Einrichtungen des DIL und eine Besichtigung der Brokkolifelder der Mählmann Gemüsebau GmbH & Co. KG aus Cappeln, wo die laufenden Feldversuche vor Ort betrachtet werden konnten. Das Treffen legte eine starke Grundlage für die kommenden Phasen des Projekts und die erfolgreiche Umsetzung der Ziele.