Konzept zum Schutz der Biodiversität

Zwei sehr ähnliche Baumfroscharten, die ohne genetische Untersuchungen nicht zu unterscheiden sind, und die beide als Überträger des Chytridpilzes fungieren, der weltweit Amphibienarten gefährdet. Welche dieser beiden Arten nun tatsächlich den Erreger übertragen hat, bleibt in vielen Fällen unbekannt. (© James Harding)

In Australien ist es die Katze, in Europa etwa der Erreger der Krebspest: Vom Menschen verschleppte invasive Arten können die heimische Tier und Pflanzenwelt gefährden. Oft bleiben sogenannte Neobiota lange Zeit unentdeckt, oder ihre schädigenden Einflüsse sind nicht gleich offensichtlich.

Diesen Umstand – der im Englischen als „crypticity“ bezeichnet wird – untersucht ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Wien, der tschechischen Akademie der Wissenschaften und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich in der Fachzeitschrift „Trends in Ecology and Evolution“ erschienen. Mit den Folgen der Invasion der Mittelmeer-Miesmuschel in Südafrika hätte niemand gerechnet. Die unvorhersehbare Eigenschaft der Muschel: sich an den Augenstielen und Mündern der Krabbenart Ovalipes trimaculatus festzusetzen. Es folgte ein Massensterben der Krabbe.

Ovalipes Foto: Wikipedia

Effekte nichtheimischer Spezies können dramatisch sein

Die ökologischen Effekte nichtheimischer Spezies auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt können dramatisch sein. Ein großes Problem für den Umgang mit invasiven Arten ist, dass sie oft im Verborgenen leben, oder dass ihre schädigenden Eigenschaften erst nach einer Latenzzeit offensichtlich werden. Diese unvorhersehbaren Prozesse machen es schwierig, Ausmaß, Folgen und Risiken von biologischen Invasionen abzuschätzen und effektive Schutzmaßnahmen zu planen. Ein internationales Forschungsteam hat nun ein Rahmenkonzept entwickelt, wie man mit dieser Unsicherheit umgehen kann.

Konfliktarten wirken sich negativ auf die Biodiversität aus

„Invasive Arten sind nicht pauschal problematisch. Viele sind sogar sehr geschätzt, z.B. einige Nutzpflanzen wie die Kartoffel, die schon im 16. Jahrhundert nach Europa kam. Einige können jedoch durch ihr Erscheinen gut aufeinander abgestimmte Artgemeinschaften bedrohen, das gilt insbesondere dann, wenn die Neobiota sich in den neuen Lebensräumen besser behaupten als die heimischen Arten“, erklärt Franz Essl, Biodiversitätsforscher an der Universität Wien und einer der Hauptautoren der Studie. Essl war auch an der Zusammenstellung der Listenvorschläge für die seit 2015 in Kraft getretene EU-Verordnung zu invasiven Arten beteiligt. Nach ihm gäbe es auch „Konfliktarten“. Das sind Arten, die sich negativ auf die Biodiversität auswirken, aber von manchen Bevölkerungsgruppen positiv bewertet werden. Das ist zum Beispiel bei einigen invasiven Fischen wie der Regenbogenforelle der Fall.

Viele Spezies bleiben auch lange unentdeckt

Biodiversität:Wildwiese © Uni Osnabrück

Ob eine invasive Art schnell erkannt wird, hängt von ihren ökologischen Eigenschaften, ihrem neuen Lebensraum und den Umständen der Einschleppung ab. Wenn die eingeschleppte Art einer heimischen Art sehr ähnlich sieht, können Forscher nur mittels genetischer Analysen den Unterschied feststellen. Viele Spezies bleiben auch lange unentdeckt, weil sie selten vorkommen oder schlecht zugängliche Lebensräume wie Höhlen oder aquatische Ökosysteme besiedeln.

 

Die Aichi-Ziele (Aichi Biodiversity Targets) für den weltweiten Artenschutz wurden im Jahr 2010 in NagoyaPräfektur Aichi bei der Verabschiedung des Nagoya-Protokolls zur Umsetzung der Ziele der UN-Konvention zur Biodiversität von 1993 formuliert: Bis 2020 sollen der Verlust an natürlichen Lebensräumen halbiert, die Überfischung der Weltmeere gestoppt sowie 17 Prozent der Landfläche und 10 Prozent der Meere unter Schutz gestellt werden. Quelle:Wikipedia

Auf der politischen Agenda ist der Umgang mit Neobiota in den Aichi-Zielen oder in den Zielen für Nachhaltige Entwicklung verortet. Die Forscher sehen in der „crypticity“ jedoch eine bisher wenig berücksichtigte Herausforderung im Umgang mit invasiven Arten. „Wir haben ein Set an Forschungsmethoden und Instrumenten zusammengestellt, um das Nachweisvermögen für schädigende Arten und Eigenschaften zu erhöhen sowie die räumlichen und zeitlichen Veränderungen besser zu erfassen. Bürgerwissenschaften können die Forschung dabei unterstützen, invasive Arten zu finden, Langzeitmonitoring und -forschung wiederum helfen dabei, kritische Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen“, so Essl.