Doppelter Nutzen: Photovoltaikanlagen auf Moorböden

Symbolbild Erneuerbare Energien: Solarkollektoren im Moor | Bildquelle: Universität Greifswald / Jan Hilgendorf

Kann Photovoltaik auf wiedervernässten Moorböden die Flächennutzungskonkurrenz in Deutschland reduzieren und die Wiedervernässung für Landwirtschaftsbetriebe attraktiver machen? Diese Frage wollen Forschende der Universitäten Greifswald und Hohenheim zusammen mit dem Johann Heinrich von Thünen-Institut und dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE beantworten. Im Projekt „MoorPower“ soll die generelle Machbarkeit von Photovoltaikanlagen auf Moorböden bei gleichzeitiger Wiedervernässung untersucht werden. 

Aktuell sind rund 70 Prozent aller Moore in Deutschland für die landwirtschaftliche Nutzung trockengelegt und tragen dadurch jährlich zu etwa 44 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft und landwirtschaftlich genutzten Böden bei. Insgesamt stammen sieben Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands von entwässerten Moorböden. Moore sind vor allem in der norddeutschen Tiefebene und im Alpenvorland verbreitet. Um Deutschlands Klimaziele zu erreichen, müssten mindestens 50.000 Hektar Moorfläche pro Jahr wiedervernässt werden.

Seit Anfang 2023 fördert die Bundesregierung die Errichtung von Solaranlagen auf ehemals für die Landwirtschaft trockengelegten Moorflächen, wenn diese dabei dauerhaft wiedervernässt werden. Das Konzept ist noch neu und so besteht erheblicher Erprobungs- und Forschungsbedarf, um die Machbarkeit und die Auswirkungen beurteilen zu können. In Deutschland ist bisher nur eine PV-Anlage auf wiedervernässtem Moor bekannt. Außerhalb Deutschlands sind keine solchen PV-Projekte bekannt.

Im Fokus stehen entwässerte und stark degradierte Moorflächen

„Wichtig ist, für die Doppelnutzung aus Kohlenstoffspeicherung im Torf und Produktion erneuerbarer Energie per Photovoltaik nur entwässerte und stark degradierte Moorflächen zu erschließen, also die derzeit landwirtschaftlich genutzten Moorböden. Es muss verhindert werden, dass Moorböden für die Installation von Photovoltaikanlagen genutzt werden, ohne dass diese auch wiedervernässt werden; denn dann würden die Treibhausgasemissionen aus den Moorböden kontinuierlich weitergehen“, sagte Prof. Dr. Jürgen Kreyling von der Universität Greifswald.

„Naturschutzfachlich wertvolle Moore und Moorböden innerhalb gesetzlicher Schutzgebiete sind hingegen ausgenommen.“

Das interdisziplinäre Projektkonsortium ist breit aufgestellt. Zu den beteiligten Fachbereichen gehören Photovoltaik, Ökonomie, Jura, sowie ein breites Spektrum der Ökologie mit Themen von der Hydrologie über Biodiversität und Pflanzenwachstum bis hin zu Treibhausgasen. Dabei untersucht das Projektteam auch die Möglichkeit einer zusätzlichen landwirtschaftlichen Flächennutzung durch Paludikultur.

Herzstück ist Begleitforschung zu ökologischen Auswirkungen

Moor-Photovoltaik (Moor-PV) bezeichnet die gleichzeitige Nutzung wiedervernässter Moorböden für Klimaschutz und PV-Stromerzeugung. Die Stromerzeugung bietet Landwirten eine zusätzliche Einnahmequelle und kann damit Anreiz zu mehr Wiedervernässung in Deutschland sein. Ziel in „MoorPower“ ist es, Handlungsempfehlungen zur konkreten Umsetzung von Moor-PV zu erarbeiten.

Experimentalfläche in Mecklenburg-Vorpommern: Im Laufe des Projekts wird dieses Moor wiedervernässt und mit Moor-PV bebaut. © Fraunhofer ISE

Herzstück des Projekts ist die Beforschung von Moor-PV auf verschiedenen Maßstabsebenen: Auf einer Experimentalfläche in Mecklenburg-Vorpommern bauen die Forscher auf insgesamt sechs Hektar Anlagen-Designs auf einem noch landwirtschaftlich genutzten Niedermoor mit unterschiedlichen Aufständerungshöhen, Solarmodultypen und Fundamenten. Jede PV-Anlagenvariation wird dann in Kombination mit drei unterschiedlichen Bedingungen der Wiedervernässung, sprich mit drei unterschiedlichen Wasserständen, insbesondere auf ökologische Fragestellungen hin untersucht.

Auf einer Materialtestfläche in Baden-Württemberg kann das Projektteam unterschiedliche Materialien, Beschichtungen und Methoden für die Fundamente der besonderen PV-Anlagen kleinflächig testen. Zudem werden die Auswirkungen der Beschattung durch die Anlagen auf die moortypischen Pflanzen in Topfversuchen untersucht. Auf einer ca. 200 Hektar großen Fläche mit Photovoltaik auf Moor in Niedersachsen gehen die Wissenschaftler:innen den großflächigen Prozessen nach, wie beispielweise der Treibhausgasbilanz auf Landschaftsebene.

Projekt betritt wissenschaftliches Neuland

„In natürlichen Mooren gibt es wenig Schatten, sodass Beschattung für viele Pflanzen dort ungewöhnlich ist. Den Landwirt interessiert deshalb, ob der Schatten das Wachstum von Paludikulturen wie Rohrkolben und Schilf verringert, da diese als Zusatzeinkommen geerntet werden könnten. Möglich ist aber auch, dass die Beschattung die frisch wiedervernässten Moore vor dem Austrocknen schützt“, berichtet Jun.-Prof. Dr. Andreas Schweiger, Pflanzenökologe der Universität Hohenheim in Stuttgart.

„Die parallele Planung der Photovoltaik-Anlage und der Wiedervernässung ist absolutes Neuland. Im Rahmen des Projektes möchten wir durch die konkrete Implementierung die beste Herangehensweise für Moor-PV-Anlagen erproben“, erklärt Agnes Wilke, Projektleiterin für Moor-Photovoltaik am Fraunhofer ISE.