
Die Herstellung von Methanol aus Biomasse könnte künftig einfacher und dezentral erfolgen. Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) schlagen ein Verfahren vor, mit dem pflanzliche Roh- und Abfallstoffe in einem autarken Prozess unter milden Reaktionsbedingungen verarbeitet werden können. Die aufwändige Trocknung der Biomasse sowie weite Transporte zu großen Vergasungsanlagen werden damit überflüssig.
Methanol ist eine vielseitige Basischemikalie und ein vielversprechender Energieträger – beispielsweise als drop-in-fähiger, also für bestehende Fahrzeuge direkt nutzbarer Kraftstoff. Noch wird der Methylalkohol mit der chemischen Formel CH3OH vorwiegend aus fossilem Erdgas gewonnen, was mit den langfristigen Klimazielen jedoch unvereinbar ist.
„Nachhaltiges Methanol aus Biomasse kann zukünftig einen Teil der fossilen Methanolproduktion kompensieren. Mit den aktuellen Methoden ist dieser Prozess jedoch sehr aufwändig und energieintensiv“, sagt Dr. Patrick Schühle vom Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik der FAU.
Neue Wege zu Methanol aus Strom und Biomasse
Bei der Erforschung der Methanolsynthese aus Biomasse steht bisher hauptsächlich die Biomassevergasung im Fokus. Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft, aber industrielle Abfallprodukte wie Hydrolysate aus der Papierherstellung, würden bei diesem Verfahren zunächst getrocknet, oftmals gemahlen und anschließend zu großen Vergasungsanlagen gefahren. Hier werden sie bei Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius zunächst in Synthesegas und anschließend bei Drücken von 50 bis 100 bar in Methanol umgewandelt. Weil trockene Biomasse eine geringe volumetrische Energiedichte besitzt, wird sie vor dem Transport häufig pelletiert, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
80 Prozent Kohlenstoffumsatz
Ein entscheidender Vorteil der neuen Methode ist, dass auch feuchte Biomasse wie Trester, Grasschnitt, Holzspäne oder Stroh ohne vorherige Trocknung verarbeitet werden kann. Weil auch weitere Verarbeitungsschritte wie Zerkleinern und Pelletieren entfallen sowie kaum externe Prozesswärme benötigt wird, ist das Verfahren in kleineren Anlagen möglich. „Die Methanolproduktion kann dezentraler erfolgen als bisher“, sagt Patrick Schühle. „Für große Landwirtschafts- oder Forstbetriebe oder Agrargenossenschaften kann sich eine Investition in die neue Technologie durchaus lohnen.“ Bei ihrer Entwicklung setzen die Forschenden auch auf das Know-how der OxFA GmbH. Das Unternehmen aus dem fränkischen Scheßlitz ist weltweiter Vorreiter bei der Herstellung von Ameisensäure aus Biomasse.
Wettbewerbsfähige Kosten
Da die Kosten für die Methanolproduktion vor allem von der Verfügbarkeit grünen Wasserstoffs abhängen, haben die Forschenden die direkte Einbindung eines Elektrolyseurs berücksichtigt. Durch die Aufspaltung von Wasser stellt er sowohl den Sauer- als auch den Wasserstoff für die Reaktion bereit. Schühle: „Elektrolyse braucht viel Energie. Idealerweise stammt der benötigte Strom aus regenerativen Quellen, etwa aus Photovoltaik oder Windkraft vor Ort.“
Immer häufiger diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Agri-Photovoltaik – die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen sowohl zur Nahrungsmittel- als auch zur Stromproduktion. Bei weiter stagnierender oder sogar sinkender Einspeisevergütung wird es wirtschaftlich attraktiver, den PV-Strom zur Herstellung von Methanol zu nutzen. Zudem bestünde die Möglichkeit, die Methanolsynthese durch Zwischenspeichern von Ameisensäure nur bei besonders günstigen Strompreisen durchzuführen
„Wir haben ausgerechnet, dass grünes Methanol zukünftig zu einem ähnlichen Preis realisierbar wäre wie jenes, das aus Erdgas hergestellt wird“, erklärt Patrick Schühle. „Damit könnte es auch aus wirtschaftlicher Sicht einen sinnvollen Beitrag zur Defossilisierung unserer Industriegesellschaft leisten.“