
Seit dem vergangenen Jahr arbeitet die DFG-Forschungsgruppe (FOR) 5640 „PlantsCoChallenge (PCC): Physiologische und evolutionäre Anpassung von Pflanzen an zusammenwirkende abiotische und biotische Faktoren“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) an ihrem transdisziplinären Forschungsprogramm, das neue Einsichten in die Auswirkungen des globalen Wandels auf die Pflanzenwelt zusammentragen soll.
Seit Montag, 29. September, veranstalten die PCC-Mitglieder ihre erste Jahrestagung, bei der sie erste Ergebnisse des an der CAU koordinierten Verbundforschungsprojekts zusammentragen und diskutieren. Neben der Kieler Pflanzenforschung beteiligen sich das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, die Universitäten Münster und Tübingen sowie das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin an dem auf vier Jahre angelegten Forschungsprogramm.
Rund 40 Pflanzenforschende, darunter PCC-Mitglieder und assoziierte Mitglieder sowie ihre internationalen Gäste, kommen noch bis Donnertag im Kieler Wissenschaftszentrum zusammen, um den Zwischenstand in den fünf PCC-Teilprojekten zu präsentieren und einen Überblick über pflanzliche Anpassungen an veränderte Stressfaktoren in ihren Lebensräumen zu gewinnen.
Die verschiedenen Teilprojekte beschäftigen sich zum Beispiel mit dem Einfluss der Sauerstoffverfügbarkeit auf die Interaktionen von Pflanzen mit symbiotischen Mikroorganismen, den Stressreaktionen von Wasserpflanzen auf abiotische und biotische Faktoren oder dem Vergleich der Widerstandsfähigkeit von wilden gegenüber domestizierten Nutzpflanzen gegenüber veränderten Umwelteinflüssen. Ein einzigartiger Aspekt des Programms ist die Integration von fünf verschiedenen Pflanzenarten: die drei Landpflanzen Gerste, Quinoa und Meersenf und zwei Wasserpflanzen, Seegras und Laichkraut. Dies bietet den Forschenden eine einzigartige Gelegenheit, die Stressanpassung verschiedener Pflanzengruppen aus unterschiedlichen Lebensräumen zu vergleichen.
„Unser Ziel ist es, die Folgen von Klimawandel und Umweltstress auf die Pflanzengesundheit zu untersuchen, sowohl bei Nutz- als auch bei Wildpflanzenarten. In unseren verschiedenen Arbeitspaketen konnten wir bereits wichtige Ergebnisse über die physiologischen und evolutionären Anpassungen von Pflanzen an unterschiedliche Stressfaktoren wie zum Beispiel Trockenheit, erhöhte Temperaturen und auch das verstärkte Auftreten von Krankheitserregern zusammentragen“, fasst Professorin Eva Stukenbrock, Sprecherin der Forschungsgruppe, den aktuellen Stand zusammen.
Zunehmender Umweltstress als Folge des globalen Wandels
Das PCC-Forschungsprogramm zielt insgesamt darauf ab, die schnellen Umweltveränderungen der Gegenwart und das damit verbundene Spektrum an Stressfaktoren für Pflanzen aus einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten. „Wir versuchen daher, die Wechselwirkungen und Folgen dieser verschiedenen Faktoren, die wir als „Co-Challenges“ bezeichnen, gemeinsam zu untersuchen. So hoffen wir beispielsweise herauszufinden, wie sich mehrere kombinierte Stressfaktoren wie Dürre und Anfälligkeit für Krankheitserreger gegenseitig beeinflussen oder wie diese sich auf andere Faktoren wie das pflanzliche Mikrobiom auswirken“, betont PCC-Mitglied Dr. Karin Schrieber.
Diesem Prinzip folgen auch die Beiträge der eingeladenen Expertinnen und Experten. So berichtet Professorin Elisabeth Gross von der französischen Université de Lorraine über ihre Arbeiten mit der Wasserpflanzengattung Myriophyllum, anhand derer sie die Stressreaktionen von Wasserpflanzen untersucht. Anhand dieses Modells gelingt es, die individuellen und kombinierten Wirkungen von Stressfaktoren auf das Nahrungsnetz aus Pflanzen, Algen und Kleinstlebewesen in Süßwasserlebensräumen zu untersuchen und so die Einflüsse des globalen Wandels abzuschätzen.
Auch Dr. Igor Florez Sarasa vom Centre for Research in Agricultural Genomics in Barcelona ist zu Besuch in Kiel. Seine Forschungsarbeit befasst sich mit den Stoffwechselreaktionen von Pflanzen auf Umweltstress, beispielsweise Trockenstress. Er integriert verschiedene Arten von Omics-Daten, um die zugrunde liegenden Mechanismen und Signalwege zu verstehen, über die sich Pflanzen an Stress anpassen.
Dr. Götz Hensel, Leiter des Centers for Plant Genome Engineering an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, verfügt über herausragende Fachkenntnisse im Bereich der Genom-Editierung bei Nutzpflanzen unter Verwendung von CRISPR/Cas. Deren Ziel ist es, die Toleranz von Nutzpflanzen gegenüber kombinierten biotischen und abiotischen Stressfaktoren zu erhöhen und so landwirtschaftliche Erträge unter geänderten Umweltbedingungen künftig zu sichern.
Anpassung von Nutzpflanzen an geänderte Umweltbedingungen
Insgesamt arbeitet die aus dem Kiel Plant Center (KPC), dem Zusammenschluss der Pflanzenforschenden an der CAU, hervorgegange interdisziplinäre PCC-Forschungsgruppe daran, die Auswirkungen von zunehmendem Umweltstress auf Pflanzen und das Spektrum ihrer biotischen Interaktionen zu verstehen. Insbesondere die genetischen und evolutionären Prozesse, die der pflanzlichen Stressanpassung zugrunde liegen, wollen die PCC-Forschenden im Detail verstehen. Insgesamt zielt die Forschungsgruppe damit neben dem Erkenntnisgewinn darauf ab, mit ihren neuen Ergebnissen auch Grundlagen für eine Anwendung in der Landwirtschaft zu schaffen. „Viele unserer neuartigen Einsichten in die Anpassungsmechamismen von Pflanzen bergen das Potenzial, die Anpassung von wirtschaftlich bedeutenden Nutzpflanzen an geänderte Umweltbedingungen wesentlich zu unterstützen“, fasst Stukenbrock zusammen.