Fledermäuse reagieren mit längeren Winterschlaf auf den Klimawandel

Wasserfledermaus (myotis daubentonii) @Adobestock

Biologen der Universität Greifswald zeigen, dass Fledermäuse mit einem immer längeren Winterschlaf auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren. Mit Hilfe eines kontinuierlichen 13-jährigen Monitorings belegten sie, dass Wasserfledermäuse (Myotis daubentonii) ihren Winterschlaf nun fast einen Monat früher beginnen als noch vor einem Jahrzehnt, aber dennoch nicht früher aus diesem aufwachen.

Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken

Zahlreiche Tiere ziehen in den Süden, andere suchen ihr Winterquartier auf – so auch Fledermäuse. Doch während der Winterschlaf bei vielen Tieren aufgrund des Klimawandels immer kürzer wird, wiesen Forschende der Universität Greifswald nun für die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) nach, dass diese Tiere mittlerweile einen ganzen Monat früher als noch vor 13 Jahren in den Winterschlaf starten.

Das Bemerkenswerte ist, dass Fledermäuse dafür ihre Fettreserven nicht erhöhen. Das bedeutet, dass sie einen zusätzlichen Monat mit denselben Energiereserven überstehen müssen. Dies stellt eine potenzielle Herausforderung für ihr Überleben bei fortschreitendem Klimawandel dar.

Grafik Winterschlafphasen Wasserfledermäuse. Quelle: Grafik: Krivek & Meier

Diese überraschenden Ergebnisse stammen aus einer Langzeitstudie, für die über 4000 Fledermäuse zweier Arten im Raum Münster (Nordrhein-Westfalen) mit kleinen RFID-Transpondern individuell markiert und mit automatischen Aufzeichnungsgeräten an ihren Winterquartieren überwacht wurden. Die aufgezeichneten Daten geben Aufschluss darüber, wann jedes der markierten Tiere im Winterquartier eintraf und wann es dieses im Frühjahr wieder verließ.

Zwei Arten – zwei konträre Reaktionen auf den Klimawandel

Neben den Wasserfledermäusen überwintern in dem 60 Meter tiefen Brunnenschacht auch Fransenfledermäuse (Myotis nattereri). Allerdings zeigen die beiden Arten vollkommen unterschiedliche Reaktionen auf den Klimawandel: Die Fransenfledermaus reagiert mit verkürzten Winterschlafperioden auf die immer wärmeren und kürzeren Winter, ähnlich wie andere winterschlafende Säugetiere.

Doch warum schläft die Wasserfledermaus gegen den generellen Trend der kürzeren Winterschlafphase länger? Dr. Gabriella Krivek von der Universität Greifswald vermutet: „Neben Fledermäusen reagieren natürlich auch andere Arten auf den Klimawandel. Bei der Hauptbeute der Wasserfledermaus handelt es sich um Insekten, die ihr Larvenstadium im Wasser verbringen und in großen Massen gleichzeitig schlüpfen – ideale Jagdbedingungen also.

Diese Ereignisse sind zeitlich an die saisonale Erwärmung der Gewässer gekoppelt und verschieben sich mit den durch den Klimawandel steigenden Temperaturen ebenfalls nach vorne. Daher könnten Wasserfledermäuse früher im Herbst keine Nahrung mehr finden und daher auch früher mit dem Winterschlaf beginnen.“

Winterschlaf könnte Auswirkungen auf  langfristige Überleben haben

„Die Phänologie – im Fall der Fledermäuse der Beginn und das Ende der jährlichen Winterschlafperiode – passt sich bei den untersuchten Fledermausarten erstaunlich rasch an den Klimawandel an. Da die Temperaturen weiter steigen, könnten die konträren Winterschlafstrategien erhebliche Auswirkungen auf das langfristige Überleben der untersuchten Arten haben“, sagt Frauke Meier, Doktorandin an der Universität Greifswald und gemeinsam mit Dr. Gabriella Krivek Erstautorin der Studie. Sie führt weiter aus:

„Erschwerend kommt hinzu, dass sich besonders die Jungtiere, bei denen die Sterblichkeitsrate im Winter grundsätzlich höher ist als bei den adulten Tieren, scheinbar schlechter an die neuen Bedingungen anpassen können. In ihrem ersten Jahr suchen sie das Winterquartier später auf als die adulten Tiere. Bei fehlender Nahrung kann dies dann zu einer noch geringeren Überlebenschance beitragen.“

Es bedarf jedoch weiterer Forschung, um die exakten Zusammenhänge zwischen den zeitlichen Verschiebungen des Winterschlafs und der Fitness jedes einzelnen Tieres beziehungsweise der Entwicklung der gesamten Population zu klären.

Auswirkungen für den Naturschutz

„Die Ergebnisse haben eine besondere Bedeutung für den Naturschutz“, sagt Dr. Gabriella Krivek. So ist in Deutschland der menschliche Zugang zu Winterquartieren zum Schutz der Fledermäuse zwischen dem 1. Oktober und dem 31. März gesetzlich eingeschränkt. Die neuen Ergebnisse zeigen jedoch, dass dieser Zeitraum die Überwinterungsphase von Wasserfledermäusen gar nicht mehr vollständig abdeckt und daher angepasst werden sollte. Gleichzeitig sollte die verlängerte Aktivitätszeit der Fransenfledermaus, eine Art, die außerhalb der Winterschlafphase in Bäumen ihre Quartiere und im Wald ihre Jagdgebiete hat, im Herbst und Frühjahr insbesondere bei der Bewirtschaftung von Wäldern berücksichtigt werden.