Mobile Bäume im Klimawandel

Graphik: Smartsylvan
Foto: SmartSylvan

Parisa Kloos ist Mitgründerin von SmartSylvan. Das Unternehmen entwickelt autonome mobile Bäume, also Baumpflanzen bzw. grüne Elemente, die sich mithilfe Sensorik, Robotik und KI in städtischen Räumen bewegen bzw. optimal positionieren lassen. Das Ziel des Unternehmens ist es, in Städten dort Grün zu schaffen bzw. Grün effizienter einzusetzen, wo konventionelles Baume /Pflanzen Pflanzungen schwer oder wenig effektiv ist – z. B. dichte Innenstadtgebiete, multifunktionale Plätze oder wechselnde Anforderungen. Der Ansatz kombiniert Grünflächen mit intelligenter Technik – also nicht „nur ein Baum“, sondern eine mobile Lösung, die sich an Bedingungen anpasst. Das Unternehmen richtet sich an Kommunen, Immobilienentwickler, Stadtplaner, Betreiber öffentlicher Räume und weitere Akteure, die städtische Räume gestalten wollen


Wie kommt man eigentlich auf die Idee Bäume mobil zu machen?

An einem Augustnachmittag 2022, als ich mit meinem 3-jährigen Sohn über einen sonnenverbrannten Platz in Düsseldorf ging – kein Schatten, keine Bäume, keine Linderung – sah ich, wie schnell ihn die Hitze erschöpfte und seine Gesundheit gefährdete. In diesem Moment wurde mir klar: Unsere Städte brauchen dringend innovative, flexible Lösungen, um harte, nicht bepflanzbare Flächen zu begrünen. So entstand die Idee der mobilen Bäume – Natur, die sich neu positioniert, um genau dort und dann Schatten und Kühlung zu bringen, wo und wann sie gebraucht werden. Eine adaptive Lösung, die sich wechselnden Bedingungen anpasst und Städten erlaubt, bei Hitzewellen sofort zu reagieren.

Persönliche Erfahrungen sind immer die besten Lehrmeister. Aber von der Einsicht bis hin zur Idee ist es meist ein weiter Weg. Hatte ihr Startschwierigkeiten? Wie habt ihr die technische Lösungen entwickelt –  Bewässerung oder das richtige Substrat?

Ja, auf jeden Fall – wir standen am Anfang vor vielen Herausforderungen. Lebende Bäume auf robotischen Plattformen zu bewegen bedeutete, alles neu zu denken: Bewässerung, Wurzelschutz und Systemstabilität. Gemeinsam mit Baumschulen und Ingenieuren kombinierten wir verschiedene Bewässerungssysteme – Tropfleitungen, einen integrierten Wassertank und einen Kreislauf, der überschüssiges Wasser wiederverwendet. Zusätzlich messen Sensoren im Substrat kontinuierlich Feuchtigkeit, Temperatur und Leitfähigkeit und helfen uns, das System Schritt für Schritt zu optimieren. Manche technische Lösungen haben anfangs nicht funktioniert, doch aus jedem Fehler haben wir gelernt. SmartSylvan entwickelt sich stetig weiter – zu einer lebendigen, reaktiven Verbindung zwischen Natur und Technologie.

Sehr viel Technik, aber wie wichtig ist euch das Pflanzenwohl? Und was sind eure Kriterien bei der Auswahl der Pflanzen?

Das Wohl der Bäume steht im Zentrum unserer Arbeit. Die Technik ist nur dazu da, der Pflanze zu dienen – um die richtigen Bedingungen zu schaffen, damit sie auch in extremen urbanen Umgebungen gedeihen kann. Jede technische Komponente, von der Bewässerung bis zur Sensordatenerfassung, ist auf die biologischen Bedürfnisse des Baumes abgestimmt.

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Und wie steht es um die richtige Pflanzenwahl?

Bei der Auswahl der Baumarten arbeiten wir eng mit Baumschulen zusammen, um Arten zu finden, die widerstandsfähig, anpassungsfähig und für ein langfristiges Leben in großen Gefäßen geeignet sind. Wir konzentrieren uns auf heimische oder klimaresistente Arten, die Hitze, Trockenheit und städtische Luftbedingungen gut vertragen. Jede SmartSylvan-Einheit ist im Grunde ein eigenes kleines Ökosystem – und unser Ziel ist es, dass der Baum gesund, stabil und vital bleibt.

Das kleine Ökosystem kommt jetzt in der Realität einer städtischen Fläche oder eines Firmengeländes an und muss ja auch dort gepflegt und versorgt werden. Wer macht das?

 Das ist eine gute Frage – darüber haben wir schon ganz am Anfang nachgedacht. Sobald eine SmartSylvan-Einheit in einer Stadtfläche steht, wird sie Teil der Umgebung und braucht natürlich auch Pflege. Das System ist jedoch so entwickelt, dass diese Pflege möglichst einfach bleibt: Sensoren überwachen Feuchtigkeit, Temperatur und den Zustand des Baumes, und die Automatisierung reduziert den Aufwand deutlich. Wenn etwas Aufmerksamkeit braucht, meldet das System das automatisch an uns oder unsere Partner. Unser Ziel ist nicht, Menschen zu ersetzen, sondern ihre Arbeit zu erleichtern – damit der Baum gesund bleibt und sich in seiner Umgebung wohlfühlt.