Stundenlanges Hacken, Reihe für Reihe – das ist die Realität der Unkrautbekämpfung im ökologischen Gemüsebau. Die jungen Pflänzchen konkurrieren um Licht, Wasser und Nährstoffe und ohne Herbizide bleibt nur die Handarbeit. Auf großen Flächen wird diese schnell zu einer anstrengenden und extrem kostspieligen Aufgabe. Mit JaetRobi könnte das manuelle Unkrauthacken in Gemüsefeldern bald der Vergangenheit angehören.
Dafür haben Forschende des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie aus Potsdam (ATB) eine Lösung entwickelt. Karuna Koch ist Wissenschaftlerin am ATB und Expertin für Computer Vision und maschinelles Lernen. Sie erklärt: „Stellen Sie sich ein Anbaumodul für Traktoren oder einen kleinen Feldroboter vor, welche mit einer Kamera ausgestattet sind. Während der Überfahrt über den Gemüsedamm nimmt die Kamera Bilder auf, die ein integrierter Rechner in Echtzeit mithilfe von KI analysiert. So entscheidet er, welche Pflanzen entfernt werden sollen, und steuert ein hochpräzises Werkzeug an. Im Projekt JaetRobi haben wir ein Modul entwickelt, das auf diese Weise automatisiert Unkräuter aufspürt und mit einem Laser auf den Millimeter genau entfernt.“
Ausgangspunkt für das Projekt war eine konkrete Herausforderung aus der Praxis: Die Firma Naiture wollte die Lebensdauer ihrer, bereits am Markt erhältlichen, automatisierten Hackwerkzeuge erhöhen. In enger Zusammenarbeit verfolgten und verglichen die Projektpartner daher zwei technologische Ansätze: Während ein Teil des Konsortiums die bestehende mechanische Lösung weiterentwickelte, erarbeitete das ATB zusammen mit der Technischen Universität Berlin eine grundlegend neue Alternative auf Basis eines blauen Lasers.
Schneiden, verbrennen oder hacken?
Das neue Lasermodul steuert automatisiert junges Unkraut an und schädigt es im sogenannten Wachstumszentrum. Zum Einsatz kommen dabei blaue Diodenlaser, deren Licht von Pflanzengewebe besonders stark absorbiert wird. Während Infrarot-Laser, wie sie zum Teil bereits im Einsatz sind, ihre Energie oft schon in Wassertröpfchen verlieren und zunächst Feuchtigkeit erhitzen oder verdampfen müssen, gelangt blaues Laserlicht direkt ins Gewebe. Dadurch reicht eine geringere Leistung aus und die Wirkung erscheint wie ein präziser Schnitt. Großflächige Verbrennungen werden vermieden und das Risiko von Hitzeschäden an den Kulturpflanzen verringert.

Der neue Laser kann sehr dicht an der Kulturpflanze arbeiten, muss die Unkräuter allerdings nacheinander ansteuern. Das mechanische Modul hingegen ist mit zwölf Mikrohacken gleichzeitig im Einsatz, erzielt eine deutlich höhere Flächenleistung, muss aber einen größeren Mindestabstand zur Kulturpflanze einhalten. Das Lasermodul eignet sich im jetzigen Entwicklungsstand besonders für den Stop-and-go-Betrieb in Kombination mit Feldrobotern, während das mechanische Modul auch für den kontinuierlichen Einsatz am Traktor ausgelegt ist.
Auf den Millimeter genau
Karuna Koch und das Team des ATB und der TU Berlin entwickeln für das Lasermodul Soft- und Hardware, darunter die Unkrauterkennung: „Unser Einsatzszenario konzentriert sich auf Unkräuter vom Keimblattstadium bis zum Erscheinen der ersten echten Blätter. Unsere Versuche laufen aktuell mit bis zu zwei Zentimeter großen Pflänzchen. Damit wir diese während der Überfahrt präzise von beispielsweise Möhren unterscheiden können, haben wir zunächst eine Bilddatenbank erstellt und Unkraut sowie Nutzpflanzen annotiert. So konnten wir eine KI trainieren, die mittlerweile mit einer Genauigkeit von 94 % Unkraut von Möhren bereits ab dem Keimblattstadium unterscheidet. Im nächsten Schritt konstruierten unsere Ingenieurinnen und Ingenieure eine Positioniereinheit, die den Laser millimetergenau über das Unkraut bewegt und zum richtigen Zeitpunkt für die optimale Dauer aktiviert“, berichtet Koch.
Eine Chance für die Biodiversität
Im nächsten Schritt planen die Forschenden, das derzeit als Funktionsmuster laufende System weiter auszubauen. „Wir möchten das System noch robuster gestalten. Da der Laser an Stellen mit mehr Unkraut länger benötigt, erfordert dies zurzeit eine dynamische Geschwindigkeit. Auch die unterschiedlichen Höhen der Pflanzen in den Dämmen stellen eine Herausforderung dar. Dennoch schätzen wir das Potenzial dieser Technik als hoch ein. Sie könnte eine echte Arbeitserleichterung bringen und gleichzeitig die Biodiversität fördern. Zukünftig wollen wir nur noch solches ‚Unkraut‘ entfernen, das die Nutzpflanzen tatsächlich beeinträchtigt. Den Rest kann unser Algorithmus stehen lassen, was die Arbeit sogar beschleunigen würde“, ist Koch überzeugt. Nach Abschluss des Projektes werden die Forschenden die Bilddatenbank und die trainierte KI für wissenschaftliche und industrielle Zwecke veröffentlichen. Das Hauptziel der ATB-Arbeit bis dahin wird es sein, das Modul so weiterzuentwickeln, dass es von der Industrie aufgegriffen werden kann.
Die Perspektive der Anwender
Zu diesem Zweck veranstaltete das ATB am Fieldlab für Digitale Landwirtschaft einen Anwenderworkshop mit Live-Demonstrationen. Der Austausch mit der Praxis und Industrie ergab insbesondere die hohe Bedeutung von Verlässlichkeit und Service. Dagegen schienen kleinere Betriebe eher dazu bereit, unkonventionelle Systeme, wie etwa kleine Feldroboter mit integrierten Regulierungsmodulen, einzusetzen. Große Betriebe schätzen konventionelle Lösungen, die als Anbaugerät mehrreihig arbeiten können.
