Neue Ansätze für das direkte PV-Laden von E-Fahrzeugen

© Fraunhofer IEE Gewichtete Multikriterien-Potenzialanalyse für PV-Anlagen in Südafrika.

Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE arbeitet im Projekt PVCharge gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung an Lösungen für das direkte Laden von Elektrofahrzeugen mit Solarstrom. Ziel ist es, Verluste bei der Energiewandlung zu reduzieren, den Anteil von PV-Strom im Fahrzeugakku zu erhöhen und gleichzeitig netzdienliche Funktionen zu ermöglichen. So soll die Energieeffizienz gesteigert und die Integration erneuerbarer Energien in bestehende Netze verbessert werden.

Das Forschungsprojekt „PVCharge – Multifunktionale Leistungselektronik für PV-Parkplätze“ wird vom Fraunhofer IEE koordiniert und gemeinsam mit der Siemens AG, der Infineon Technologies AG, der Flavia IT Management GmbH und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg durchgeführt. Ziel ist es, Synergien zwischen industriellen Photovoltaikanlagen und Elektrofahrzeugen effizient zu nutzen und damit das direkte PV-Laden technisch und wirtschaftlich zu optimieren. Im Mittelpunkt stehen größere PV-Anlagen, wie sie über oder in der Nähe von Supermarkt- oder Firmenparkplätzen errichtet werden können.

PVCharge erforscht neues Ladeverfahren

Ziel ist es, das direkte Laden von Elektrofahrzeugen (E-Kfz) an Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) effizienter und flexibler zu gestalten. „Dabei muss der Strom aus der PV-Anlage mindestens vier Wandlungsstufen durchlaufen, bevor er in der Fahrzeugbatterie ankommt. Jede dieser Wandlungsstufen ist aber mit Verlusten behaftet, weswegen rund 10 % der Solarenergie ungenutzt verloren geht. In PVCharge erforschen wir einen Ansatz, mit dem diese Wandlung in zwei statt in vier Schritten erfolgen kann, was rund die Hälfte der Verluste einspart“, sagt Dr. Sebastian Sprunck, Projektkoordinator am Fraunhofer IEE.

Solarstrom effizienter nutzen, Netze gezielt entlasten

Das Fraunhofer IEE entwickelt dazu eine Testumgebung, mit der der Ansatz praktisch validiert werden soll. Ein bestehendes Rapid-Control-Prototyping-System wird erweitert, um das Verhalten verschiedener aktueller und zukünftiger E-Kfz an den Ladesäulen zu emulieren. Zusätzlich wird eine institutseigene PV-Anlage für Versuchsdurchführungen genutzt, um das Systemkonzept auch im Hinblick auf Anlagen- und Personensicherheit realitätsnah zu prüfen.

© Fraunhofer IEE. Segmentierung von PV-Solarsystemen auf der Centrale Solaire d’Adrar.

Siemens AG untersucht die sicherheitsrelevanten Fragestellungen und die Integration der Ladesäulen. „Die räumliche Ausdehnung eines solchen PV-Parkplatzes, die variable Anzahl an Elektrofahrzeugen und die verschiedenen Nutzungsszenarien erfordern innovative Ansätze für die Systemüberwachung und Interaktion der verschiedenen Wandlerstufen“, erläutert Sebastian Nielebock, Projektleiter bei Siemens.

Auch das Zusammenspiel mit dem Stromnetz wird berücksichtigt. „Für diese Interaktion mit dem Netz braucht es robuste, dynamische und langlebige Leistungselektronik“, sagt Dr. Peter Friedrichs, Fellow SiC Innovation bei der Infineon Technologies AG. Infineon entwickelt dazu einen Demonstrationswechselrichter auf Basis neuartiger Halbleitermodule, der diese Interaktion ermöglicht.

An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) wird parallel an der Anpassung des MPP-Trackers gearbeitet. „In einem solchen System muss der MPP-Tracker mit schnellen und starken Änderungen der DC-Spannungen umgehen können, wenn sich die Leistungsbilanz des Systems z. B. durch Vorgaben des Netzbetreibers, einen bewölkten Himmel oder das Anschließen und Abfahren von Fahrzeugen kurzfristig ändert“, erläutert Prof. Dr. Marco Jung, Professor für Elektromobilität und elektrische Infrastruktur an der H-BRS und Abteilungsleiter Stromrichter und elektrische Antriebe am Fraunhofer IEE.

Die Flavia IT Management GmbH entwickelt mit ihrer Plattform „Gridware“ die IT-seitige Grundlage für das Zusammenspiel von Nutzerwünschen, Netzvorgaben und Abrechnungsoptionen. „Dabei gibt es zahlreiche Nutzerwünsche, Vorgaben der Netzbetreiber, Freigaben, Datenformate, Abrechnungsoptionen und Kommunikationsschnittstellen zu berücksichtigen, die in Echtzeit und mit hoher Präzision bedient werden müssen“, führt Georg Schmitt von Flavia IT Management an.

Umfrage für Netzbetreiber

Aktuell lädt das Projektteam Netzbetreiber zur Teilnahme an der PVCharge Netzbetreiber-Umfrage ein. Sie richtet sich an Betreiber von Nieder- und Mittelspannungsnetzen in Deutschland und soll helfen, Anforderungen und Perspektiven für eine effizientere Nutzung erneuerbarer Energien zu erfassen. Die Ergebnisse fließen in die weitere Projektarbeit ein und werden genutzt, um die Inhalte und Schwerpunkte in geplanten Stakeholder-Workshops gezielt an die Praxisbedürfnisse anzupassen. Interessierte Netzbetreiber sind herzlich dazu eingeladen, sich durch Angabe ihrer Kontaktdaten im Umfrageformular für den ersten Stakeholder-Workshop „Netzintegration und Schnittstellen“ am 19. November 2025 anzumelden. Der Workshop wird vsl. als hybride Veranstaltung in Kassel und per MS Teams stattfinden.