Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Hurrikanen

Netto-Primärproduktion, also die Produktion von Biomasse, vor den Hurrikanen sowie nach dem ersten und nach dem zweiten Hurrikan. Quelle: David Nielsen Copyright: David Nielsen, MPI-M

Zum ersten Mal haben Forschende extrem starke tropische Wirbelstürme und deren Auswirkungen auf den Kohlenstoffkreislauf im Ozean in einem globalen Erdsystemmodell untersucht. Anhand von zwei Hurrikanen der Kategorie 4 im Nordatlantik zeigt die Studie eine Kaskade physikalisch-biogeochemischer Effekte auf, darunter die Aufnahme von Kohlendioxid in den Ozean sowie eine regionale Blüte von Phytoplankton.

Die Kraft tropischer Wirbelstürme ist gewaltig: Wo sie vorbeiziehen, hinterlassen die zerstörerischen Windgeschwindigkeiten, heftigen Böen und starken Regenfälle deutliche Spuren. Auch der Ozean bleibt von Wirbelstürmen nicht unberührt. Durch das Aufwirbeln der Wasseroberfläche vermischen sich Wassermassen, und Wärme und Kohlenstoff werden mit der Atmosphäre ausgetauscht.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und der Universität Hamburg haben diese Wechselwirkungen erstmals in einem globalen, sturm- und wirbelauflösenden Erdsystemmodell dargestellt und damit die Kaskade physikalisch-biogeochemischer Mechanismen nachvollzogen, die durch tropische Wirbelstürme ausgelöst wird.

Neue Erkenntnisse aus einer Modellsimulation

„Klassische Erdsystemmodelle haben einen groben Gitterabstand von 100 bis 200 Kilometern, wodurch sie sehr intensive tropische Wirbelstürme, insbesondere Wirbelstürme der Kategorien 4 und 5, nicht realistisch darstellen können“, erklärt David Nielsen, Erstautor der Studie. „Mit einer horizontalen Auflösung von fünf Kilometern im ICON-Modell und unter Einbeziehung der Ozean-Biogeochemie-Komponente HAMOCC konnten wir tropische Wirbelstürme der Kategorie 4 in der Simulation sehen und ihre Auswirkungen auf den Kohlenstoffkreislauf untersuchen.“

Konkret betrachtete das Team zwei Hurrikane im Nordatlantik mit Windgeschwindigkeiten von über 200 Kilometern pro Stunde, die in der einjährigen Simulation im September 2020 im Abstand von etwa einer Woche auftraten.

Auswirkungen auf Kohlenstoff und Phytoplankton

Die Wissenschaftler zeigten, dass durch die Hurrikane große Mengen von Kohlendioxid aus dem Ozean in die Atmosphäre gelangten, etwa 20- bis 40-mal mehr als unter normalen Wetterbedingungen. Die Hurrikane kühlten jedoch auch die Meeresoberfläche ab, wodurch der Ozean für mehrere Wochen nach dem Sturm mehr Kohlendioxid aufnehmen konnte. In Kombination führten diese beiden gegensätzlichen Effekte – sofortige Freisetzung und langfristige Aufnahme – zu einer geringen Nettoaufnahme.

Tropische Wirbelstürme und der Kohlenstoffkreislauf

Ein weiterer auffälliger Effekt der Hurrikane war, dass sie eine Durchmischung der oberen Wasserschicht bewirkten, wodurch Nährstoffe an die Oberfläche gelangten. Das Wachstum des Phytoplanktons verzehnfachte sich daraufhin. Die Blüte hielt nach dem Durchzug der Hurrikane noch einige Wochen an und beschränkte sich nicht nur auf deren Zugbahn: Lokale Strömungen, die teilweise durch die Stürme verstärkt wurden, verteilten die Biomasse über weite Teile des westlichen Nordatlantiks.

„Es war spannend zu sehen, dass die Hurrikane dadurch auch die Menge an organischem Kohlenstoff erhöhten, der im Ozean versank, und so zur langfristigen Speicherung von Kohlenstoff in tieferen Schichten des Ozeans beitrugen“, so Tatiana Ilyina, Gruppenleiterin und Ko-Autorin der Studie.

Bisher lagen Forschenden Beobachtungen zu einigen dieser Prozesse vor. „Diese Simulation ermöglicht es uns jedoch, sie im Detail zu untersuchen und mit dem globalen Maßstab in Verbindung zu bringen. Das ist wichtig, um zu verstehen, wie tropische Wirbelstürme auf die globale Erwärmung reagieren und unser Klima beeinflussen könnten“, sagt Nielsen. Als nächstes wird das Team auch andere Prozesse im Kilometermaßstab und deren Auswirkungen auf den Kohlenstoffkreislauf im Ozean untersuchen – beispielsweise die Wechselwirkungen zwischen Stürmen und Ozeanwirbeln, nicht nur in den Tropen, sondern auch in den Polarregionen.