Die landwirtschaftliche Praxis muss bienen- und insektenfreundlicher werden – die Politik in Bund und Ländern, in Europa und weltweit steht deshalb in der Verantwortung die Landwirtschaft entsprechend zu unterstützen. Dieses Fazit ziehen die Veranstalter im Nachgang der 5. Internationalen Öko-Imkereikonferenz an der Universität Hohenheim in Stuttgart.
Teilgenommen hatten über 300 Erwerbs- und Hobbyimker, Wissenschaftler, Entwicklungsexperten und anderen Bienenbegeisterte. Organisiert wurde sie von der Universität Hohenheim, dem Öko-Verband Naturland und dem Imkereiforum des weltweiten Öko-Dachverbands IFOAM. „Die Konferenz hat gezeigt, dass es regional, national und international einen Paradigmenwechsel in Landnutzung und -bewirtschaftung geben muss”, so Dr. Sabine Zikeli, Leiterin des Zentrums für ökologischen Landbau der Universität Hohenheim. Neben Forderungen an die Politik ergäben sich aus den Konferenzbeiträgen auch Handlungsbedarfe in den Bereichen Bienengesundheit und Schutz der außereuropäischen Imkerinnen und Imker.
Forderungen an die Politik
Habitatverluste, Pestizideinsatz, Agro-Gentechnik, Monokulturen, neue Parasiten, Auswirkungen der Klimakrise – die Gründe für den Bienenrückgang sind multifaktoriell. Gleichzeitig bestehe eine große Abhängigkeit des Menschen von Öko-Systemleistungen, so ein weiteres Fazit der Konferenz. Prof. Urs Niggli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) betont die Notwendigkeit von mehr Hecken, Saumstrukturen und abgestufter Grünnutzung für die Landwirtschaft insgesamt, um bienenfreundlicher zu werden. Unterstrichen wird die Forderung für umfangreiche finanzielle Mittel für die Forschung, insbesondere für die Krankheits-Bekämpfung wie dem Hauptschädling der Honigbiene, der Varroamilbe, oder für die Erforschung subletaler Cocktailwirkungen verschiedener Pestizide auf Honig- und Wildbienen.
Für die konventionelle Landwirtschaft seien die Mähtechnik und Ausbringtechnik von Pestiziden zu optimieren. „Ob Blühstreifen und Hecken, Landtechnik oder Forschung – im Interesse der Gesellschaft muss die Politik in Bund und Ländern, in Europa und weltweit dringend ihre Verantwortung wahrnehmen und die Landwirtschaft insgesamt entsprechend unterstützen“, so die Forderung von Naturland Geschäftsführer Steffen Reese.
Bienengesundheit
Mit einem Fokus auf der Bienengesundheit beschäftigte sich die Konferenz mit den praktischen Herausforderungen in der ökologischen Imkerei. Zentrale Themen hier: die Qualität und Reinheit des Bienenwachses als Teil des Bienenkörpers und der Umgang mit der parasitischen Bienenmilbe Varroa destructor.
„Ein Silberstreifen am Horizont sind Lithiumverbindungen, zu denen an der Landesanstalt für Bienenkunde geforscht wird. Es gibt aber bisher keine Patentlösung“ betont Naturland Imkerei Experte Uli Bröker. „So lange die Selektionsbemühungen hin zu einer varroaresistenten Biene nicht erfolgreich sind, werde man mit den gängigen Methoden wie der Anwendung organischer Säuren, thermische Behandlung und Brutunterbrechung zurechtkommen müssen!“ Eine weitere Erkenntnis der Wissenschaftler der Universität Hohenheim ist, dass der Invasionsdruck durch parasitierte Nachbarvölker eine große Rolle spielen kann. Selbst eine Entfernung von 1,5 km biete keinen sicheren Schutz vor einem Milbeneintrag von außen.
Gefährdung außereuropäischer Imkerinnen und Imker
In Afrika und Lateinamerika stelle die Varroamilbe hingegen keine wesentliche Bedrohung dar. Grund dafür seien die natürliche Resistenz der afrikanischen Biene und extensive Haltungsformen. Hier stellten Veränderungen in der Landwirtschaft die größte Bedrohung für Bienen und Imker dar.
„Die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft in vielen Ländern der südlichen Hemisphäre fern der guten fachlichen Praxis gefährdet die Existenz von Millionen außereuropäischen Imkerinnen und Imkern, für die die Imkerei eine wichtige Erwerbsgrundlage darstellt“, so Manfred Fürst, Naturland Experte für internationale Öko-Imkerei und Koordinator des IFOAM Apiculture Forums.
Vielerorts bedrohe eine rasant voranschreitende Entwaldung, zum Beispiel auf der Halbinsel Yukatan in Mexico, die Imkerei. Hier gehe illegaler Gen-Soja-Anbau einher mit massivem Pestizideinsatz. Die Bienen fänden keine Nahrung mehr oder würden von den Pestiziden, die oft mit Flugzeugen ausgebracht werden, vergiftet. Dadurch sinke die Honigproduktion, die neben der Landwirtschaft das wichtigste wirtschaftliche Standbein der Maya-Familien bilde. Auch Beiträge aus Argentinien und Äthiopien stellten die Bedeutung der Öko-Imkerei für eine nachhaltige ländliche Entwicklung, die zugleich zum Erhalt und Schutz weltweit wichtiger Waldflächen beiträgt, heraus.
Potential von Bienenprodukten in der Apitherapie
Auf der Konferenz wurden auch Behandlungsmöglichkeiten, die die Apitherapie bietet, besprochen. Die Frage der Qualität der Produkte aus der ökologischen Imkerei sowie die Thematik zwischen fehlenden wissenschaftlichen Studien und Behandlungserfolgen aus der Praxis wurden diskutiert. Apitherapie hat ein großes Potenzial und kann auch zu einem wichtigen Standbein von Imkern werden.
Die 5. Internationale Öko-Imkereikonferenz fand vom 1.-3. März 2019 erstmals in Deutschland statt. Sie wurde von der Universität Hohenheim gemeinsam mit Naturland, dem Verband für ökologischen Landbau e. V., und dem Apiculture Forum der International Federation of Organic Agricultural Movements (IFOAM) veranstaltet.