Traktoren, Mähdrescher und andere Landmaschinen sind für Landwirte mit hohen Kosten und zeitintensiver Wartung verbunden. Einfacher könnte es für sie mit neuen Geschäftsmodellen sein, an deren Realisierbarkeit Kaiserslauterer Forscher mit Industriepartnern gearbeitet haben. Dabei wird die Landmaschine nicht als Produkt, sondern nur deren Verfügbarkeit für einen bestimmten Zeitraum verkauft. Dafür haben die Forscher ein technisches System entwickelt, das den Ausfall der Maschinen vorzeitig entdeckt und alle Zustandsinformationen für Servicetechniker bereithält. Auf der Hannover Messe vom 1. bis 5. April stellen sie das Projekt am Messestand des Landes Rheinland-Pfalz (Halle 2, Stand B40) vor.
Bauern benötigen ihre Landmaschinen meist nur wenige Tage im Jahr. Dennoch sind damit große Investitionen verbunden. Abhilfe können hier künftig neue, verfügbarkeitsorientierte Geschäftsmodelle schaffen, an deren kommerziellen Realisierbarkeit Forscher der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) im Rahmen des Verbundprojekts „InnoServPro“ gearbeitet haben. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Gesamtziel ist hierbei, innovative Serviceprodukte (Produkt-Service Systeme (PSS)) zu entwickeln, die solche Geschäftsmodelle ermöglichen. „Die Hersteller von Landmaschinen verkaufen ihren Kunden kein Produkt mehr, sondern ‚nur noch? dessen Verfügbarkeit als Serviceprodukt“, sagt Thomas Eickhoff, der am Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (VPE) im Rahmen seiner Promotion in „InnoServPro“ arbeitet.
Gewährleisten muss der Anbieter bei diesem Modell, dass seinem Kunden die gewünschte Maschine innerhalb eines bestimmten gebuchten Zeitraums möglichst zu 100 Prozent zur Verfügung steht. „Es darf zu keinem Ausfall kommen“, so Hristo Apostolov, der ebenfalls am Projekt beteiligt ist. Eine solche Verfügbarkeit von technischer Seite her zu garantieren, daran haben Apostolov und Eickhoff gearbeitet – gemeinsam mit weiteren Kollegen der TUK, IT- und Telekommunikationsunternehmen, Anbietern von Softwaresystemen, Beratungsunternehmen, Industriezulieferern, den Landmaschinenherstellern John Deere und Grimme sowie dem Antriebstechnik-Unternehmen Lenze. Die Industriepartner haben den Kaiserslauterer Wissenschaftlern die entsprechenden Maschinen, Geräte und Daten zur Verfügung gestellt.
Prädiktiven Wartungssysteme
Im Projekt haben wir ein Gesamtsystem entwickelt, das die Maschinen derart überwacht, dass wir früh erkennen, wann es zu einem Ausfall kommen kann“, erläutert Eickhoff. Zum Einsatz kommen dazu Sensoren, die den Ingenieuren Daten über den Zustand der Geräte liefern. Bei einer Kartoffelernte-Maschine können sie zum Beispiel das Förderband überwachen und Daten sammeln. „Diese werten wir aus, um so Störungen und Ausfälle des Bands rechtzeitig vorherzusagen“, fährt Apostolov fort. Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch vom prädiktiven Wartungssystem, auf Englisch „Predictive Maintenance“. Solche Technologien informieren den Hersteller vorzeitig und kümmern sich etwa darum, dass ein Servicetechniker noch vor dem Ausfall der Maschine zum Kunden fährt und auch schon alle benötigten Ersatzteile dabeihat.
„Gibt es einen Ausfall, muss schnell Ersatz her“
Um diese verfügbarkeitsorientierten Geschäftsmodelle zu realisieren, ist zudem ein sogenannter „digitaler Zwilling“ der Landmaschinen wichtig: Ihn haben die Kaiserslauterer Forscher ebenfalls mitentwickelt. „Bei Mähdreschern und anderen Maschinen gibt es unzählige Variationsmöglichkeiten, je nach Bedarf der Landwirte können sie mit unterschiedlichem Zubehör ausgestattet sein“, so Eickhoff weiter. „Gibt es einen Ausfall, muss schnell Ersatz her. Dies ist aber nur möglich, wenn man ganz genau weiß, welches Teil an welcher Stelle verbaut ist.“ Mit dem digitalen Zwilling hinterlegen die Forscher alle notwendigen Daten von einzelnen Bauteilen bis hin zu Reparaturanleitungen digital in einer Datenbank. Dazu haben sie ein intelligentes, durchgängiges Informationsmanagement-System entwickelt, in dem alle wichtigen Informationen zu den Maschinen nutzerfreundlich zusammengestellt sind. „Bei der Technik fallen große Datenmengen an, zum Beispiel die der Sensoren, die ausgewertet und beurteilt werden müssen und automatisiert an einen Servicetechniker gesandt werden sollen“, fährt Apostolov fort. Das System soll den Herstellern künftig helfen, einfacher den Überblick zu behalten, um beispielsweise vorzeitig von einem Ausfall zu erfahren. Außerdem wissen Servicetechniker auf diese Weise schnell, um welche Art von Maschine es sich handelt, welche individuelle Konfiguration sie hat und welche Ersatzteile entsprechend benötigt werden.
Am Verbundvorhaben „InnoServPro“ sind an der TUK Forscher folgender Lehrstühle aus dem Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik beteiligt: Virtuelle Produktentwicklung um Professor Dr. Jens C. Göbel, Fertigungstechnik und Betriebsorganisation um Professor Dr. Jan Aurich, Messtechnik und Sensorik um Professor Dr. Jörg Seewig sowie Maschinenelemente und Getriebetechnik um Professor Dr. Bernd Sauer.
Forschung für Produktion und Dienstleistung der Zukunft
Das Projekt endet in diesem April. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovationen für die Arbeit von morgen – Forschung für Produktion und Dienstleistung der Zukunft“ und betreut vom Projektträger Karlsruhe (PTKA). Auf der Hannover Messe stellen die Forscher die Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Am Messestand zeigen sie, wie ihre innovativen Lösungen für die Landtechnik, wie zum Beispiel moderne Entwicklungsmethoden, intelligente/vernetzte Komponenten und Sensorik sowie innovatives, durchgängiges Informationsmanagement, funktionieren. Ferner erläutern sie anhand von verschiedenen realen, physischen und virtuellen Exponaten, wie sich die neuen Lösungen in die Service-Prozesse von Unternehmen integrieren lassen und diese verbessern.
Darüber hinaus präsentiert das Konsortium des Projekts „InnoServPro“ seine Ergebnisse zum Projektabschluss während einer Ergebniskonferenz am 4. April im Pavillon 36 auf dem Gelände der Hannover Messe. Eine Anmeldung ist erforderlich. Mehr Informationen dazu, zum Projekt „InnoServPro“ sowie zum Konsortium finden sich unter: www.innoservpro.de. Der Auftritt der Forscher der TU Kaiserslautern auf der Messe wird von Klaus Dosch vom Referat für Technologie und Innovation organisiert.
Er ist Ansprechpartner für Unternehmen und vermittelt unter anderem Kontakte zur Wissenschaft.
Kontakt: Klaus Dosch, E-Mail: dosch@rti.uni-kl.de, Tel. (auch während der Messe): 0631 205-3001