Mehr Wettbewerbsfähigkeit in der usbekischen Landwirtschaft

Anbau von Baumwolle © trongnguyen ǀ Fotolia.com

Die usbekische Regierung gab im Januar 2019, gemeinsam mit Plänen zur landwirtschaftlichen Diversifizierung, zur Verkleinerung der Anbaufläche für Baumwolle und zur Förderung des ländlichen Agrarsektors, weitere Impulse für Optimierungsprozesse in der Landwirtschaft. Unter Beachtung der landwirtschaftlichen Reformen bewerten die IAMO-Autoren Martin Petrick und Nodir Djanibekov den bisherigen Erfolg der Umstrukturierung im Agrarsektor. Sie beleuchten die Frage, was politische Entscheidungsträger als nächsten Schritt zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft tun sollten, ohne die sozialen Folgen der Reformen aus den Augen zu verlieren. Der IAMO Policy Brief geht aus der gemeinsamen Arbeit mit der Weltbank als Teil analytischer und beratender Leistungen zur Unterstützung der Modernisierung im usbekischen Agrarsektor hervor.

Mit ihrem BIP-Anteil von circa 40%. ist die Landwirtschaft die grundlegende und führende Branche der usbekischen Volkswirtschaft. Ihre Hauptproduktgruppe setzt sich aus Baumwolle, Weizen, Obst- und Gemüseprodukten zusammen. Günstige Witterungsverhältnisse beeinflussten maßgeblich die regionale Verteilung der Produktionsstandorte für exportorientierte landwirtschaftliche Erzeugnisse. Beispielsweise wird Gemüse, Obst und Melonen hauptsächlich in den Gebieten Namangan, Fergana, Andischan und Samarkand angebaut, während Reis und anderes Getreide in der Republik Karakalpakstan und dem Gebiet Khorezm, Fleisch- und Milchprodukte sowie Rohhäute werden wiederum in den Gebieten Buchara, Surchandarja und Kaschkadarja produziert, Weine und Spirituosen stammen hauptsächlich aus den Gebieten Taschkent, Andischan und Karakalpakstan und die Tabakwaren kommen aus den Gebieten Taschkent und Samarkand. Quelle: Die Botschaft der Republik Usbekistan

Die Restrukturierung in der usbekischen Landwirtschaft folgte einem nicht-linearen Weg, durch den sich der Agrarsektor zu einem zuverlässigen Lieferanten für Exporteinnahmen, Grundnahrungsmittel und Arbeitsplätze wandelte. Die Optimierungsbemühungen der letzten Zeit richten sich auf die Vergrößerung der Agrarbetriebe und die Diversifizierung von der Baumwolle hin zum Gartenbau und Gartenbaubetrieb. Jedoch behindern unzureichende Finanzmittel, fehlende Verbindungen mit den Vertriebskanälen, das Nichtvorhandensein von Rollenmodellen und eine große Unerfahrenheit der Landwirte und Landwirtinnen mit alternativen Anbauverfahren die Ausweitung von Kulturen jenseits von Baumwolle und Weizen. Wiederholte Restrukturierungen im Agrarsektor, die von Unsicherheiten bei der Landpacht begleitet waren, haben die landwirtschaftliche Betriebsführung und Investitionsanreize eingeschränkt. „Im Ergebnis sind hochwertige Feldfrüchte und Tierbestände vorwiegend in Haushalten angesiedelt, obwohl Ackerland hauptsächlich an Einzelbetriebe vergeben wurde,“ sagt Nodir Djanibekov, einer der Autoren und Wissenschaftler am IAMO.

Seit der Sowjetunion ist Usbekistans Wirtschaft abhängig von der Baumwollproduktion. Die massive Auswanderung und wirtschaftliche Schwäche zeugen von den Schwierigkeiten des Landes, sich von dieser Monokultur zu lösen. (C) Die öffentliche Stiftung Novastan (Bischkek , Kirgisistan).

Die Auswirkungen der kürzlich unternommenen Liberalisierungsversuche müssen sich gemeinsam mit den Zielen zur Diversifizierung des Anbauportfolios in Einzelbetrieben erst noch im Agrarsektor niederschlagen. Die weltweiten Erfahrungen zeigen, dass Agrarstrukturen flexibel sein sollten. Dies gilt besonders in Asien, wo die Landfläche begrenzt und die Bevölkerungsdichte und der Urbanisierungsgrad hoch sind.

Foto: Universität Gießen

Wettbewerbsfähigkeit im Agrarsektor erhöhen

„Statt bei staatlichen Optimierungsprogrammen auf eine bestimmte Betriebsart oder -größe abzuzielen, sollte die Regierung die Landwirte und Landwirtinnen mit Marktsignalen und einer optimalen Auswahl an unterstützenden öffentlichen Dienstleistungen versorgen. Den Betreibern sollte das Vertrauen geschenkt werden, sich selbst um den landwirtschaftlichen Betrieb kümmern zu können,” erklärt Martin Petrick, einer der Autoren der Studie und Professor an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

 

Der Studie zufolge verfügt ein liberalisiertes Marktumfeld im Agrarsektor über das Potenzial, schlüssige Signale über wirtschaftsweite Knappheiten auszusenden und somit die Effizienz und Profitabilität der Produzenten und Produzentinnen zu steigern. Die zukünftige staatliche Unterstützung sollte den Markt ergänzen und grundlegende öffentliche Dienstleistungen bereitstellen, wie z. B. Wasser- und Transportinfrastruktur, Know-how und Regeln für den nationalen und internationalen Handel. Es werden entschlossenere Reformen nötig sein, damit die Produktivität weiter verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit im Agrarsektor erhöht werden können.

Gegenwärtig produziert Usbekistan über 7 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr Foto: Botschaft Usbekistans

Das schließt auch die Abschaffung der Baumwoll- und Weizenquoten ein, um so die bäuerliche Handlungsfreiheit zu ermöglichen. Höhere Erzeugerpreise für die über die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche einnehmenden strategischen Feldfrüchte werden die Profitabilität im Agrarsektor erhöhen. Die Formalisierung der kommerziellen Kommunikation und Kreditvereinbarungen außerhalb des staatlichen Einflusses sowie Zugang zu optimalen unterstützenden öffentlichen Dienstleistungen werden grundlegend für die erfolgreiche Transformation des Agrarsektors sein. Um die Investitionsanreize für die Landwirte  nicht zu verwässern, sollten unbedingt unvorhersehbare Interventionen bei der Landvergabe vermieden werden. Schließlich wird auch eine höhere Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft ohne eine erhebliche Freisetzung von Arbeitskräften aus dem Sektor nicht erreicht werden. Deshalb sind Maßnahmen über den Agrarsektor hinaus gefordert.