Im Rahmen des 12. Biogas-Innovationskongresses in Osnabrück wurden in dieser Woche erneut Preise in den Kategorien Wissenschaft und Wirtschaft verliehen. Den mit 10.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis erhielten in diesem Jahr die Forscherinnen Maria Braune vom DBFZ und Dr. Heike Sträuber vom UFZ für ihr gemeinsames Projekt „Von der Biogasanlage zur Bioraffinerie – kombinierte Produktion von mittelkettigen Fettsäuren und Biogas“.
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) wurde von den Preisträgerinnen ein Verfahren zur Produktion der Fettsäuren Capron- und Caprylsäure aus regionaler Biomasse entwickelt. Bei den Zielprodukten handelt es sich um Spezialchemikalien mit einem breiten Anwendungsspektrum, die z. B. im Schmiermittel-, Reinigungsmittel- oder Kosmetiksektor eingesetzt werden können. Das entwickelte Verfahren basiert auf einem anaeroben Fermentationsprozess, in dem komplexe Substrate ohne kostenintensive Vorbehandlung eingesetzt werden können. Diesem Prozess folgt eine Abtrennungs- und Aufreinigungskaskade, welche die Gewinnung der mittelkettigen Fettsäuren aus der Fermentationsbrühe zum Ziel hat. Anschließend können die Produkte, je nach Anwendungsfeld, zu unterschiedlichen chemischen Verbindungen (Estern) weiterverarbeitet werden.
In seiner Laudatio hob Dr. Hans-Christian Schaefer von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) insbesondere den innovativen Charakter der Entwicklung hervor: „Die Branche braucht solche visionären Ideen, die auf Basis solider Forschungsarbeit zu echten Innovationen weiterentwickelt werden. Mit dem vorgestellten Verfahren kann die Produktpalette von Biogasanlagen erweitert werden, es entstehen neue Geschäftsmodelle, die helfen, die Anlagen auch in Zukunft wirtschaftlich zu betreiben. Schließlich werden auch neue Wege aufgezeigt, wie die chemische Industrie, regionale, nachwachsende Rohstoffe einsetzen kann und weniger fossile Rohstoffe oder aber global gehandelte, potenziell wenig nachhaltig angebaute nachwachsende Rohstoffe benötigt. Damit leisten Sie einen Beitrag zum Klimaschutz und zu einer nachhaltigen Entwicklung“
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Vorhaben „Bio-basierte Capron- und Caprylsäure – Herstellung, Aufreinigung, Vermarktungsstrategie – CapAcidy“ (FKZ: 031B0389) wird das präsentierte Verfahren derzeit in einer Kooperation von DBFZ, UFZ und der Universität Leipzig weiterentwickelt und die Anwendung der Fettsäuren in Endprodukten durch verschiedene Industriepartner, wie der Fuchs Schmierstoffe GmbH, getestet. „Mit der Integration des Herstellungsverfahrens in bestehende Biogasanlagen kann jetzt eine gekoppelte stofflich-energetische Biomassenutzung möglich gemacht werden. Wer seine Bestandsanlagen entsprechend aufrüstet, sollte zukünftig neben Biogas und Dünger auch Fettsäuren auf umweltfreundliche und ressourcenschonende Art und Weise aus Rest- und Abfallstoffen gewinnen können. Unser vorgestelltes Konzept bietet Anlagenbetreibern damit die Möglichkeit, flexibel auf die Nachfrage von Kunden und die Marktsituation reagieren zu können“, so die Preisträgerinnen.
Hintergrund Biogas-Innovationskongress: Der jährliche Biogas-Innovationskongress in Osnabrück ist Treffpunkt der führenden Entwickler und Forschenden der Biogasbranche sowie der Anlagenbetreiber und Investoren. Im Rahmen des Kongresses zeichnet der Deutsche Bauernverband mit einem Preisgeld von 10.000 Euro die zwei interessantesten Innovationen aus Wissenschaft und Wirtschaft mit dem Biogas-Innovationspreis der Deutschen Landwirtschaft aus. Die Preisträger im Bereich Wissenschaft werden aus den Einsendungen im Rahmen des Call for Papers ausgewählt. Die Auswahl erfolgt durch eine Jury aus sieben Expertinnen und Experten, welche an nationalen Hochschulen oder Forschungsinstituten wissenschaftlich zum Thema Biogas forschen und die Beiträge nach festgelegten Kriterien wie Innovation, Praxisrelevanz, Ergebnisdarstellung und Bedeutung für den gesamten Sektor auswählen.
Smart Bioenergy – Innovationen für eine nachhaltige Zukunft
Das Deutsche Biomasseforschungszentrum arbeitet als zentraler und unabhängiger Vordenker im Bereich der energetischen und stofflichen Biomassenutzung an der Frage, wie die begrenzt verfügbaren Biomasseressourcen nachhaltig und mit höchster Effizienz und Effektivität zum bestehenden und zukünftigen Energiesystem beitragen können. Im Rahmen der Forschungstätigkeit identifiziert, entwickelt, begleitet, evaluiert und demonstriert das DBFZ die vielversprechendsten Anwendungsfelder für Bioenergie und die besonders positiv herausragenden Beispiele gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Mit der Arbeit des DBFZ soll das Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen einer energetischen und integrierten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe in einer biobasierten Wirtschaft insgesamt erweitert und die herausragende Stellung des Industriestandortes Deutschland in diesem Sektor dauerhaft abgesichert werden – www.dbfz.de.