Ein nationales Klimaschutzrahmengesetz kann und muss die bereits bestehenden Landesklimaschutzgesetze sinnvoll ergänzen. Zu diesem Schluss kommt eins von insgesamt drei Gutachten, die der WWF Deutschland im Vorfeld der nächsten Klimakabinettssitzung an diesem Mittwoch veröffentlicht – und einen Tag, nachdem der Entwurf von Bundesumweltministerin Svenja Schulze in die Ressortabstimmung gegangen ist. Demnach braucht es zum einen ein Rahmengesetz auf Bundesebene, da die Länder in ihren Befugnissen beim Klimaschutz stark eingeschränkt sind und nur in einzelnen Bereichen wie etwa der Bauordnung oder Bildung eine eigenständige Klimaschutzpolitik verfolgen können. Zum anderen braucht es die Kompetenzen der Länder, um etwa Aufgaben zum Klimaschutz an die Gemeinden zu übertragen. Insgesamt bestehen bereits in neun Bundesländern Klimaschutzgesetze, sieben davon haben quantitative Ziele, in zwei weiteren ist ein Gesetz im Koalitionsvertrag angekündigt bzw. wird ein Entwurf beraten.
„Die Bundesregierung verschleppt den so bitter nötigen Klimaschutz seit Jahren. Die Europawahl hat noch einmal ganz deutlich gezeigt, dass viele Menschen in Deutschland sich eine engagierte Klimaschutzpolitik wünschen. Die Bundesregierung muss jetzt einen Herbst der klimapolitischen Entscheidungen vorbereiten: Ein Klimaschutz-Gesetzespaket mit einem Klimaschutzrahmengesetz als Kern kann uns endlich zurück auf den richtigen Pfad lenken“, sagt Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. „Ein Rahmengesetz schafft Verbindlichkeit sowie Planungs- und Investitionssicherheit – beides fehlt uns aktuell. Die Konsequenz: Klimaziele wie das für 2020 werden quasi im Vorbeigehen gerissen. Und für Wirtschafts- und Finanzwelt werden strategische Entscheidungen zum Ratespiel.“
Wie ein nationales Klimaschutzgesetz beschaffen sein kann und was es neben der Öffnungsklausel für die Landesgesetze beinhalten sollte, zeigt ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn. Denn allein in Europa haben bereits sieben Staaten übergreifende Klimaschutzgesetze verabschiedet, drei weitere arbeiten daran. Das zweite WWF-Gutachten zieht Lehren aus diesen Gesetzen: So ist u.a. sinnvoll, die Planung von Klimaschutzmaßnahmen in einem regelmäßigen Rhythmus verpflichtend zu machen und ein Expertengremium für die Beratung und Bewertung einzusetzen. „Wir können uns für das nationale Klimaschutzgesetz viel bei unseren europäischen Nachbarn abschauen und gleichzeitig neue Impulse setzen – etwa bei der Übertragung von Verantwortung an die einzelnen Fachressorts“, so Schäfer.
Doch damit die Klimapolitik auch greift, muss der Rahmen auch noch entsprechend gefüllt werden – mit Maßnahmenpaketen in den einzelnen Sektoren. Dazu legt der WWF ein drittes Gutachten vor, beispielhaft für den Industriesektor. Denn in diesem Sektor – dem zweitgrößten Verursacher von Treibhausgasen – steigen die Emissionen seit 2009, statt zu sinken. Verbindliche Maßnahmen sind daher dringend gefragt. Das Gutachten zeigt, dass wirksame Instrumente wie begünstigte Abschreibungen für Investitionen in Energieeffizienz oder eine faire Begrenzung der EEG-Umlagebefreiung für stromkostenintensive Unternehmen rechtlich ohne Probleme umsetzbar sind.
„Das Klimakabinett muss den Stillstand beim Klimaschutz beenden und nicht nur ein Klimaschutzgesetz, sondern ein ganzes Klimaschutz-Gesetzespaket mit Maßnahmen in allen Sektoren schnellstmöglich auf den Weg bringen. Ein gut durchdachtes und umfassendes Rahmengesetz dient als Kern, um die deutsche Klimapolitik verlässlich und volkswirtschaftlich effizient zu machen. So bekäme der Klimaschutz in Deutschland endlich die politische Steuerung, die wir in den vergangenen Jahren schmerzlich vermisst haben“, resümiert Schäfer.