Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat heute seine Fangquotenempfehlungen für die Ostseebestände für 2020 veröffentlicht. Laut den Wissenschaftlern befinden sich die Bestände des westlichen Herings sowie des westlichen und östlichen Dorsches in der Ostsee in einem kritischen Zustand. Für den westlichen Hering und den östlichen Dorsch empfiehlt ICES Null-Quoten. Dies bedeutet einen Fangstopp für beide Bestände. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Our Fish fordern Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf, die wissenschaftlichen Empfehlungen umzusetzen und weitere Sofortmaßnahmen zu unterstützen. Gemäß Gemeinsamer Fischereipolitik (GFP) ist Klöckner gesetzlich dazu verpflichtet, die Überfischung bis 2020 zu beenden.
Der Bestand ist nun weiter geschrumpft
Bereits im letzten Jahr empfahlen die Wissenschaftler für den westlichen Heringsbestand einen Fangstopp, doch dies wurde von den Mitgliedstaaten ignoriert. Der Bestand ist nun weiter geschrumpft.
Auch der östliche Dorsch befindet sich in einer Notlage. Die Nachwuchsrate ist so niedrig wie seit 1946 nicht. Gleichzeitig zeugen die Größe der Fische und ihre frühe Geschlechtsreife von dem kritischen Zustand, in dem sich der Bestand befindet. Selbst wenn die Fischerei sofort eingestellt würde, könnte sich der Bestand laut ICES-Bericht nur sehr langsam erholen. Der Bestand des westlichen Dorsches in der Ostsee ist ebenfalls um 60 Prozent zurückgegangen.
„Unsere Fischpopulationen in der Ostsee sind aufgrund von Überfischung und illegalen Rückwürfen stark mitgenommen. Die östliche Dorschpopulation ist zusammengebrochen und steht vorm kommerziellen Aussterben. Es muss jetzt gehandelt werden. Die Fischerei muss sofort eingestellt werden und nicht erst 2020. Wir fordern Bundesministerin Julia Klöckner auf, sich für eine Schließung der Fischerei einzusetzen und weitere Sofortmaßnahmen zu unterstützen“, meint Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Es gibt immer noch Dorsche in der Ostsee, die wir während der aktuellen Laichzeit retten können. Dies muss der Anspruch für die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission sein“, so Müller-Kraenner weiter.
Rebecca Hubbard, Direktorin der Our Fish-Kampagne dazu: „Der Hering und der Dorsch sind sehr wichtig für das Ökosystem Ostsee. Die Konsequenzen der massiven Überfischung über Jahrzehnte hinweg zeigen sich jetzt in der Ostsee. Die Populationen schrumpfen und kollabieren schließlich. Dadurch geht auch die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Küstenfischer verloren. Alle EU-Mitgliedstaaten haben sich 2013 mit der Gemeinsamen Fischereipolitik dazu verpflichtet, die Überfischung bis 2020 zu beenden. Sechs Jahre später hat sich die Lage in der Ostsee verschlechtert. 2019 haben die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten des Ostseeraums die letzte Chance, fristgerecht nachhaltige Fangmengen auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen festzulegen, um die Überfischung ernsthaft zu bekämpfen. Nur so können sich die Fischpopulationen in der Ostsee erholen.“
Hintergrund: Die Empfehlungen des ICES für die Fangmengen liefern die wissenschaftliche Grundlage für den Vorschlag der EU-Kommission und die anschließenden Beratungen des EU-Ministerrates (Agrifish Council) über die zulässigen Gesamtfangmengen, die Total Allowable Catches (TAC), in der Ostsee. Der Ministerrat legt die Fangmöglichkeiten für die Ostsee auf seiner jährlichen Tagung im Oktober fest. Diese Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt. Das macht es für die Öffentlichkeit beinahe unmöglich, nachzuvollziehen, welcher EU-Staat die Überfischung weiter vorantreibt. Die wissenschaftlichen Empfehlungen wurden bei der Festlegung der Fangquoten in der Vergangenheit oft überschritten. Im Jahr 2018 wurden die Fanggrenzen für fünf von zehn Fischbeständen in der Ostsee oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen festgelegt.