HAWK-Absolvent Maximilian Joemann erhält Nachwuchsförderpreis der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Ein naturgrüner Faden zieht sich durch Maximilian Joemanns Leben: Der 26-Jährige begeistert sich seit seiner Kindheit für Naturschutz, Biologie und vor allem den Wald. Nach seinem ersten Bachelorstudium „Umweltwissenschaften“ in Bielefeld studiert er den Bachelor „Forstwirtschaft“ an der HAWK in Göttingen, denn er will Förster werden. Ausschlaggebend dafür ist für ihn der integrative Gedanke der Forstwirtschaft: Schützen und Nutzen auf einer Fläche. Nun bekommt er für seine Bachelorarbeit den mit 2.500 Euro dotierten Camillo-Schneider-Preis. Im Interview beschreibt der derzeitige Anwärter bei der bayerischen Forstverwaltung, warum ihm naturwissenschaftliche Themen so wichtig sind.
Sie haben Ihre Bachelorarbeit im Sommer 2018 fertiggestellt. Was hat Ihnen zuvor beim Forschen besonders viel Energie gegeben?
Maximilian Joemann: Das Kernelement bei sowas ist immer mein eigenes großes Interesse: Ich wusste schon eineinhalb Jahre vor Beginn meiner Bachelorarbeit an der HAWK, dass ich was zu Steinbuchen machen will. Außerdem wollte ich etwas Forstfachliches rausfinden, was mir möglicherweise selber später bei meinem Beruf als Förster weiterhelfen kann. Und draußen im Wald sein, das war auch ein Ziel und eine Motivation für mich.
Wie würden Sie sich selber beschreiben? Was für ein „Typ“ sind Sie, was begeistert Sie, was machen Sie gerne?
Also das, was ich privat am liebsten mache, ist auch das, was ich gerade beruflich als Anwärter arbeite: Ich bin eigentlich am liebsten in der Natur. Ich wandere zum Beispiel gerne und schaue mir dann Waldbilder an. Das ist auch mit meinem Freundeskreis so: Wenn ich mich mit meinen früheren HAWK-Kommiliton/inn/en aus Göttingen treffe, dann sind wir draußen im Wald und reden über den Wald. Und auch mit meinen ehemaligen Studienkolleg/inn/en aus Bielefeld bin ich viel im Grünen unterwegs, da unterhalten wir uns dann über Insekten, Vögel und Reptilien. Also über das, was uns alle fasziniert.
Sie bekommen ja Ende Juli den Förderpreis der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft verliehen. Wenn Sie einem Laien erzählen würden, was Sie erforscht haben, was würden Sie in wenigen Sätzen antworten?
Buchen besitzen ja von Natur aus eine glatte Rinde. Und mir ist in der Natur immer wieder aufgefallen, dass es Buchen gibt, die eine Borke ausbilden, also eine grobe Struktur haben-das sind die Steinbuchen. Und ich habe rumgefragt und mir konnte eigentlich nie jemand genau sagen, woher das kommt. Also habe ich mich für die Bachelorarbeit selber auf die Suche gemacht und geschaut, ob irgendwelche standörtlichen Faktoren eine Rolle spielen oder ob es an der Genetik der Buche liegt. Und ich habe dabei festgestellt, dass es beides sein kann. Zum Beispiel sind der Einfluss des (Klein-) Standortes sowie die Buchenwollschildlaus und Pilze der Gattung Nectria Auslöser für diese Borkenbildung. Und es gibt zudem wenige Steinbuchen, die aus der Genetik heraus eine Borke herausbilden.
Warum sind Ihre Ergebnisse zu den Steinbuchen so wichtig für die Forstwirtschaft?
Die könnten schon relevant sein, denn der Wald kämpft ja enorm mit dem Klimawandel, das sieht man am letzten Jahr und auch anhand der derzeitigen Trockenheit. Viele Steinbuchen schaffen es zu überleben, während normale Buchen häufig sterben. Beide Buchen haben vor allem mit der sogenannten Buchenkomplexkrankheit zu kämpfen: Im Sommer saugt die Buchenwollschildlaus an der Buchenrinde, diese Schildlaus wird durch hohe Temperaturen gefördert. Dadurch werden viele bereits durch das Klima geschwächte Buchen noch weiter geschwächt und können im Extremfall sogar absterben. Zudem schafft die Wollschildlaus eine Eintrittspforte für den Nectria-Pilz, der sich dann im Winter unter der Borke ausbreitet. Auch hier spielen die wärmeren Temperaturen im Winter eine Rolle. Die Verborkung, die die Steinbuche ausbildet, ist ein wirksamer Schutz gegen die äußeren Faktoren wie Hitze und Schädlinge, die ansonsten auf die sehr dünne Buchenrinde einwirken. Die Steinbuchen haben also schon in einer gewissen Art und Weise die Folgen des Klimawandels gespürt und konnten selber Maßnahmen entwickeln, gegen die Buchenkomplexkrankheit anzukämpfen.
Wenn ich eine Försterin wäre, könnte ich dann sagen: Mit der Arbeit von Maximilian Joemann kann ich nun aktiv was anders machen?
Ja, Sie könnten mit dem Wissen aktiv die Steinbuchen erhalten, weil die aufgrund der Borke gut weiterwachsen. Zudem bilden sie auch einen Lebensraum für bestimmte Insektenarten und Vögel und irgendwann später sind sie geeignet, um geerntet zu werden.
Gibt es schon Baumschulen, die diese Steinbuchen aktiv züchten?
Nein, Baumschulen können die Steinbuchen noch nicht aktiv anzüchten, dafür braucht es noch viel mehr genetische Forschung.
Welches Praxisprojekt war im Forstwirtschaft-Studium an der HAWK in Göttingen ganz besonders prägend für Sie?
Sehr viel Spaß gemacht hat mir der Sommer-Kurs „Standortserkundung“ bei Prof. Helge Walentowski. Da hatten wir als kleines Studierendenteam ein Projektgebiet im Göttinger Wald, das wir kartieren sollten und danach entwickelten wir einen Plan, wie wir den Wald behandeln würden. Mich begeistert also, wenn ich eine spannende Aufgabe habe und ich die dann eigenverantwortlich mit viel Freiheit erledigen kann.
Auf welche forstliche Frage finden Sie derzeit in Bayern mit Ihren Kollegen eine Antwort?
Also Fragestellungen gibt es derzeit einige. Der Hauptfokus liegt allerdings, seitdem ich Anwärter bin, auf Waldschutzfragen. Hier in Unterfranken spürt man die Auswirkungen des Klimawandels sehr. Der Borkenkäferbefall hier ist enorm und daher Dauerthema und auch mit anderen Forstschädlingen müssen wir uns intensiv auseinandersetzen. Somit behandeln wir also hauptsächlich die Fragen rund um den Waldumbau: Wie machen wir die Wälder von heute fit für das Klima von morgen?
Was macht Ihnen an Ihrem jetzigen Job als Anwärter besonders Spaß?
Ich bin wirklich sehr gerne draußen unterwegs, außerhalb des Büros. Besonders viel Spaß habe ich auch daran, möglichst viele Regionen und Wälder in Bayern zu besuchen und die unterschiedlichen Denkweisen der Förster/innen aufzuschnappen.
Welches Zielbild haben Sie für Ihre nächsten beruflichen Schritte nach dem Anwärterdienst?
Wenn ich die Abschlussklausur im kommenden Herbst dann geschafft habe, werde ich erstmal Urlaub machen. Und langfristig sehe ich mich schon in Bayern, ich würde gerne hier in der Region Franken/Unterfranken bleiben und vielleicht auch bei den Bayerischen Staatsforsten arbeiten.