Moore: Renaturierungen für den Natur- und Klimaschutz

Ahrensfelder Moor (Foto: Landkreis Osterholz)

„Hammeniederung“ im Landkreis Osterholz ist ein Projekt mit Vorbildcharakter: Das ehemalige Naturschutzgroßprojekt ist heute nicht nur Naturschutzgebiet. Die erfolgreiche Renaturierung von Mooren in der Hammeniederung kann auch beispielgebend für andere Projekte sein – in Niedersachsen und darüber hinaus. Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, besuchte die Hammeniederung heute während ihrer Projektreise zum Thema „Naturschutz im Zeichen des Klimawandels“.

„Niedersachsen kommt eine besonders hohe Verantwortung für den Schutz und die Renaturierung von Mooren zu. Schließlich befinden sich hier etwa 30 Prozent aller Moore Deutschlands“, sagte die BfN-Präsidentin.

Mit Blick auf diese Tatsache und die erfolgreiche Entwicklung, die das Naturschutzgroßprojekt bis heute genommen hat, sprach die BfN-Präsidentin dem Landkreis ihren ausdrücklichen Dank aus und machte deutlich: „Sollte es in Niedersachsen weitere bundesweit bedeutsame zu renaturierende Moore geben, kommen Sie auf uns zu. Über das Programm chance.natur stehen auch weiterhin Fördermittel zur Verfügung, mit denen der Bund das Land und die Regionen unterstützen kann.“

Die Bullenkuhle in Niedersachsen, ein in einem Erdfall entstandenes kleines Kesselmoor. Von Christian Fischer, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=168715

Die Hammeniederung ist eines von zehn Projekten zum Moorschutz, die bislang im Programm „chance.natur“ – Bundesförderung Naturschutz“ finanzielle Unterstützung erhalten haben. In den 40 Jahren des Bestehens von „chance.natur“ stellte der Bund rund 500 Millionen Euro für insgesamt 80 Naturschutzgroßprojekte bereit. Ziel des Programms, das vom Bundesamt für Naturschutz betreut wird, ist es, national bedeutsame und repräsentative Landschaften mit gesamtstaatlicher Bedeutung zu schützen und langfristig zu sichern.

Das hohe Engagement des Landkreises bei der rechtlichen Sicherung des Fördergebietes und seines Umfeldes sowie dessen kontinuierliche Gebietsbetreuung werte ich als großen Erfolg“, sagte die BfN-Präsidentin.

Bei ihrem Ortstermin in der Hammeniederung war die BfN-Präsidentin von den vielfältigen, vom Landkreis Osterholz als Projektträger umgesetzten Maßnahmen und deren Ergebnissen beeindruckt. Denn der Flächenerwerb, die Extensivierung der Grünlandnutzung und die Wiedervernässung im Bereich des Pennigbütteler und Ahrensfelder Moores führten unter anderem dazu, dass sich im Projektgebiet der Anteil von Nasswiesen und Feuchtgrünland verdoppelt hat; davon profitierten wiederum Arten wie Fischotter, Weißstorch und Bekassine.

Landschaft im Diepholzer Moor. Von Christian Bekiaridis – Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38014990

Vertreter des Landkreises Osterholz wiesen darauf hin, dass ein zentraler Dreh- und Angelpunkt in der Hammeniederung die Steuerung des Ritterhuder Hamme-Sperrwerkes sei, von dem der Wasserhaushalt eines Großteils der Teufelsmoorregion abhängt. Besonders die vor etwa 60 Jahren festgelegten Zielwasserstände im Winter sind nach heutiger Kenntnis unter Gesichtspunkten des Feuchtgebiets- und Klimaschutzes nicht optimal bzw. schädlich. Innerhalb des chance.natur-Projektes konnte die Problematik aus wasserrechtlichen Gründen noch nicht gelöst werden, da die Sperrwerkssteuerung sich weit über das Projektgebiet hinaus auswirkt. Dazu sagte Prof. Beate Jessel: „Ich freue mich, dass sich der Landkreis Osterholz als zuständige Untere Wasserbehörde und der für die Ritterhuder Schleuse zuständige Gewässer- und Landschaftspflegeverband Teufelsmoor aktuell dieser Frage mit Nachdruck widmen.“

Das Teufelsmoor: Von Eckhard Jakob, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7335652

Hintergrundinformationen: chance.natur-Projekt Hammeniederung: Die Hammeniederung weist als Teil der Teufelsmoorregion fast vollständig Moorböden auf, die bei landwirtschaftlicher Nutzung große Mengen des klima-schädlichen Kohlendioxids emittieren. Dabei kann als Faustregel gelten: Je trockener die Flächen und je intensiver die Nutzung, desto höher ist die CO2-Emission. Im Naturschutzgroßprojekt wurde deshalb eine ackerbauliche Nutzung der Flächen ausgeschlossen und die Grünlandnutzung deutlich extensiviert. Die nicht genutzten Teilbereiche des Projektgebietes, wie die Hochmoore Pennigbüttler und Ahrensfelder Moor, werden möglichst weitgehend wiedervernässt, woraus weitere Minderungen an CO2-Emissionen resultieren. Die Hammeniederung wurde im Zeitraum von 1995 bis 2009 als chance.natur-Projekt gefördert; das konkrete Fördergebiet umfasste dabei 2.780 Hektar. Die förderfähigen Gesamtkosten beliefen sich auf über 16 Millionen Euro, davon trugen der Bund etwa 72 Prozent, das Land etwa 17 und der Landkreis etwa 11 Prozent. Während der Förderphase erwarb der Landkreis Osterholz, unterstützt von der Niedersächsischen Landgesellschaft, Flächen, um diese langfristig zu sichern und eine Grundlage für die Lebensraumoptimierung zu schaffen. Heute stehen etwa 2.100 Hektar im Eigentum des Landkreises, davon werden etwa 1.680 Hektar als Grünland genutzt. Das Grünland verpachtet der Landkreis unter Nutzungsauflagen und entsprechend reduzierten Pachtpreisen an örtliche Landwirte. Auf etwa 390 Hektar entwickelt sich die Natur dagegen ohne Nutzung; hier herrschen Moorbirkenwälder, Röhrichte und Gewässer vor.

Renaturierungen von Mooren haben sowohl für den Natur- als auch den Klimaschutz nach wie vor einen hohen Stellenwert: Denn zum einen gelten nur noch fünf Prozent der Moore in Deutschland als naturnah. Zum anderen sind insbesondere die entwässerten und intensiv genutzten Moore immerhin für über vier Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands an CO2-Aquivalenten verantwortlich.

Fruchtendes Wollgras im Schwarzen Moor bei Zahrensen. Von ChristianSW – Eigenes Werk, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49159393

Vor diesem Hintergrund erklärte die BfN-Präsidentin, dass es dringend erforderlich sei, Ackernutzungen auf Mooren einzustellen, deren Grünlandnutzung zu extensivieren, die Moore, wo immer möglich, wieder zu vernässen, den industriellen Torfabbau zügig einzustellen und den Torfeinsatz als Kultursubstrat zu reduzieren.

Moore: Organische Böden umfassen rund vier Prozent der Gesamtfläche Deutschlands, davon entfallen 70 bis 75 Prozent auf Nieder- und Anmoore sowie 25 bis 30 Prozent auf Hochmoore. Naturnahe Moore umfassen allerdings nur noch fünf Prozent aller Moore, über 90 Prozent sind entwässert oder in Nutzung. Deshalb sind Moore für immerhin mehr als vier Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands an CO2-Aquivalenten verantwortlich. Obwohl organische Böden nur etwa sieben Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ausmachen, ist eine unangepasste landwirtschaftliche Nutzung auf Moorböden für etwa 37 Prozent der Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. Neben der ökologischen Aufwertung tragen Wiedervernässungen damit auch substanziell zum Klimaschutz bei. Nach der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt aus dem Jahre 2007 sollen bis 2020 regenerierbare Moore dauerhaft wiederhergestellt sein, wesentliche Teile der intensiv genutzten Niedermoore extensiviert sein und rund 20 Prozent der extensiv genutzten Niedermoore einer natürlichen Entwicklung unterliegen. Das Land Niedersachsen hat dabei eine besonders hohe Verantwortung, denn es ist mit 30 Prozent aller Moore das moorreichste Bundesland. Gleichzeitig betragen die Treibhausgasemissionen aus entwässerten Mooren (inkl. der Torfnutzung) zwölf Prozent der Gesamtemissionen Niedersachsens.