Rasante Biodiversitätsverluste, beschleunigter Klimawandel, wachsende Ansprüche an Landressourcen – diese Entwicklungen und ihre Auswirkungen hängen eng zusammen. Dabei stellt sich folgende Frage immer drängender: Wie lassen sich der nötige Naturschutz und das menschliche Wohl unter einen Hut bringen? Das kommende Jahrzehnt wird entscheidend sein, ob und wie wir weltweit zu zukunftsweisenden Lösungen kommen. Genau hier setzt die Wyss Academy for Nature den Hebel an: Auf vier Kontinenten entwickeln Wissenschaftsteams gemeinsam mit Fachleuten aus der Praxis und Vertreterinnen und Vertretern von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Innovationen zum Schutz der Natur und ihrer nachhaltigen Nutzung.
Mit der Wyss Academy for Nature entsteht an der Universität Bern ein weltweit führendes Forschungs- und Umsetzungszentrum im Bereich Natur und Mensch. Der Unternehmer und Mäzen Hansjörg Wyss, der Berner Regierungspräsident Christoph Ammann und der Rektor der Universität Bern, Christian Leumann, haben den Vertrag heute feierlich unterzeichnet. Investiert werden über die nächsten 10 Jahre 200 Millionen Franken.
Die umsetzungsorientierten Anwendungen, Strategien und politischen Leitplanken werden in den Hubs der Wyss Academy getestet und auf andere Regionen ausgeweitet. Neuartig ist auch die Zusammenarbeit der Akteure: Sie durchbricht die konventionellen Silos von Wissenschaft, Naturschutz, Entwicklungszusammenarbeit und politischem Alltag. So gelangen wissenschaftliche Erkenntnisse rasch zur Anwendung und können Wirkung entfalten.
Pionierleistungen im Umweltbereich
Ermöglicht wird die Wyss Academy for Nature durch den Berner Unternehmer und Mäzen Hansjörg Wyss. Die Wyss Foundation stiftet im Rahmen der Wyss Campaign for Nature einen Beitrag von 100 Millionen Franken. Kanton und Universität Bern tragen je 50 Millionen Franken bei. Die Wyss Academy for Nature bietet dem Kanton und der Universität Bern die einmalige Chance, im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich Pionierleistungen zu erbringen. An der Wyss Academy sind drei weltweit renommierte Forschungseinrichtungen der Universität Bern beteiligt: das Centre for Development and Environment (CDE), das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) und das Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS).
Einmalige Chance für den Kanton und die Universität Bern
«Die Schaffung der Wyss Academy for Nature an der Universität stellt für den Kanton Bern eine einmalige Chance dar», ist Regierungspräsident Christoph Ammann überzeugt. Die Universität könne dadurch in der Transformationsforschung weltweit führend werden. Die Nähe zur Bundespolitik und zu verschiedenen eidgenössischen Verwaltungsstellen vereinfache die Zusammenarbeit auf nationaler Ebene und sorge für eine landesweite Ausstrahlung. Der Kanton Bern profitiere neben dem Reputationsgewinn als exzellenter Hochschulstandort auch wirtschaftlich, denn mit dem Aufbau der Wyss Academy entstehen in der Region Bern rund 50 hochqualifizierte Arbeitsplätze.
Das finanzielle Engagement des Kantons umfasst über zehn Jahre eine Grundfinanzierung von insgesamt 20 Millionen Franken und ein Umsetzungsprogramm von 30 Millionen Franken, das Projekte im den Bereichen Biodiversität, Klimawandel, und Landnutzung beinhaltet. «Mit diesen Projekten wollen wir aufzeigen, dass wirtschaftliche Entwicklung und der Schutz der Natur in einer vergleichsweise hochentwickelten Region wie dem Kanton Bern vereinbar sind», sagt Regierungspräsident Christoph Ammann. Das Innovationspotenzial der Vorhaben werde dem Kanton Bern und seiner Natur einen grossen Nutzen bringen. Die in den Themenfeldern Tourismus, Ressourcennutzung, Naturgefahren, Energie, Landwirtschaft und Biodiversität geplanten Projekte werden derzeit finalisiert, so dass in Kürze darüber informiert werden kann.
Die Investition des Kantons in die Wyss Academy for Nature ist Teil des Anfang 2019 initiierten Regierungsprogramms des Kantons Bern («Engagement 2030»). Der Grosse Rat hat bereits im vergangenen März den entsprechenden Kredit für den Aufbau der Wyss Academy bewilligt. Regierungspräsident Christoph Ammann nutzte das Treffen zur Vertragsunterzeichnung, um Hansjörg Wyss im Namen des Regierungsrats persönlich für sein grosses Engagement weltweit und im Kanton Bern herzlich zu danken.
Universität Bern festigt international führende Rolle
«Die Universität Bern gehört in der Erforschung des Klimawandels, der Biodiversität und der Landnutzung bereits heute zu den wichtigsten Forschungsinstitutionen», betont Christian Leumann, Rektor der Universität Bern. Sie war zum Beispiel massgeblich beteiligt am 5. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC, der die wissenschaftliche Grundlage für das Pariser Klimaabkommen von 2015 bildete, und am UNO-Weltbericht zur Nachhaltigen Entwicklung, der dieses Jahr vorgestellt worden ist. «Die Wyss Academy for Nature ermöglicht es uns, diese Themen zusammenzuführen und konkrete zukunftsorientierte Projekte für die Natur und die Menschen zu entwickeln und in definierten Gebieten umzusetzen», sagt Leumann: «So kann die Universität Bern ihre internationale und gesellschaftliche Rolle weiter festigen.»
Neuer Ansatz wurde in Pilotprojekten getestet
Die Wyss Academy wird als unabhängige Stiftung gegründet. Geleitet wird sie von einem strategischen Leitungsausschuss, der die wichtigsten Geldgeber vertritt und der von einem hochrangigen Beratungsausschuss unterstützt wird. Nach dem Start im Jahr 2020 und einer zweijährigen Aufbauphase soll der Vollbetrieb im Jahr 2022 aufgenommen werden. Designierter Direktor ist Peter Messerli, Professor für Nachhaltige Entwicklung und Co-Vorsitzender des UNO-Weltnachhaltigkeitsberichts 2019.
Die Wyss Academy for Nature will ihre Ziele durch vier operative Einheiten erreichen, die synergetisch zusammenspielen: Regionale Hubs in Lateinamerika, Ostafrika, Südostasien und der Schweiz (Kanton Bern) bilden die Eckpfeiler, um Innovationen zum Schutz der Natur und ihrer nachhaltigen Nutzung zu entwickeln, zu erproben und anzuwenden. Bis zu sechs Transformations-Forschungsgruppen werden die für die Ziele der Wyss Academy notwendige Expertise generieren. Das Synthesezentrum ermöglicht es, weitere weltweit führende Expertinnen und Experten zu mobilisieren, um das verfügbare Wissen zuhanden der globalen Politik und Forschung aufzuarbeiten. Die Engagement-Plattformen schliesslich werden einen kontinuierlichen Dialog mit den vielfältigen Akteuren institutionalisieren, um Allianzen aufzubauen und dadurch die soziale und politische Unterstützung für den Wandel zu sichern. Der neuartige Ansatz der Wyss Academy wurde bereits in zwei Pilotprojekten in Kenia und Peru erprobt.