Die Bundesregierung muss für eine nachhaltige und sozial gerechte Digitalisierung in der globalen Landwirtschaft eintreten

Foto: Die Linde

Anlässlich des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) ver­öf­fent­lichen heute 22 zivilgesellschaftliche Organisationen ein gemein­sa­mes Positionspapier für eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Digitalisie­rung der globalen Landwirtschaft. Das breite Bündnis fordert die Bundesregierung auf, die Digitalisierung so zu gestalten, dass weltweit Bäuerinnen und Bauern sowie andere Arbeitende in der Landwirtschaft davon profitie­ren und die globalen Umwelt- und Klimaziele erreicht werden können. Beim GFFA soll unter an­de­rem ein Konzept für einen Internationalen Digitalrat für Landwirtschaft und Ernährung vorge­stellt werden. Die internationale Konferenz findet vom 16. bis zum 18. Januar in Berlin statt.

„Die Interessen der Agrar- und Digitalkonzerne dominieren bislang die Digitalisierung in der Landwirtschaft“, kritisiert Lena Luig von der Entwicklungsorganisation INKOTA. „Die Unter­­neh­men wollen anhand der Daten vor allem immer mehr Kontrolle über Betriebe, Bauern sowie andere Arbeitende in der Landwirtschaft gewinnen und damit ihre Profite steigern. Bislang haben die Konzerne dabei quasi einen Freifahrtschein. Die Bundes­regie­rung muss hier für klare Verhaltensregeln sorgen und sollte den Aufbau konzernunabhän­giger digitaler Plattformen fördern.“

„Auch wenn digitale Technologien etwa Arbeitsabläufe erleichtern können, müssen die Anfor­derungen von Bauern mehr berücksichtigt werden“, hebt Bernd Voß von der Arbeits­ge­meinschaft bäuer­liche Landwirtschaft (AbL) hervor, der Milchbauer in Schleswig-Holstein ist.

Digitalisie­rung sei eine Rationali­sierungs­technologie. Sie sei nur dann hilfreich, wenn mit ihr der Energie- und Ressourceneinsatz drastisch sinke. „Die Algorithmen einer digitalisierten Land­wirtschaft können bäuerliches Erfahrungswissens ergänzen, aber nicht ersetzen. Bäuerinnen und Bauern müssen die Hoheit über ihre Da­ten behalten und entscheiden, wer sie wofür verwerten darf.“

Wer hat Zugang zum Internet und zu digitaler Infrastruktur

Eine wichtige Frage ist außerdem, wer sich die neuen Instrumente überhaupt leisten kann und wer Zugang zum Internet und zu digitaler Infrastruktur hat. Zwar leben 93 Prozent der Weltbevölkerung in Reichweite von mobilen Breitbandnetzen, jedoch nutzen nur 53 Prozent das Internet. „Die Kluft in der Internetnutzung zwischen Nord und Süd, Stadt und Land sowie zwischen den Geschlechtern spiegelt die großen ökonomischen Unterschiede und gesell­schaft­lichen Machtverhältnisse wider“, sagt Stig Tanzmann von Brot für die Welt. „Damit bereits marginalisierte Bevölkerungsgruppen nicht noch weiter abgehängt werden, müssen Staaten den Zugang zu digitaler Infrastruktur als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge garantieren.“

Auch Umweltaspekte sollten zwingend in die politische Regulierung einfließen. „Anders als oft behauptet, führt eine sogenannte Präzisionslandwirtschaft keineswegs automatisch zur Einsparung von Energie, Pestiziden und Düngemitteln“, sagt Christian Rehmer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Dafür braucht es eine umfassende Agrar­wen­de. Digitale Instrumente sollten gezielt zur Förderung von Agrarökologie eingesetzt werden.“

 

Das Positionspapier und die zentralen Forderungen findet sich unter: www.abl-ev.de/publikationen/