Wasser fließt nicht unendlich: Die Kriege der Zukunft werden um Wasser geführt, warnte einst der ehemalige UNO Generalsekretär Boutros-Ghali. Diese, damals prophetisch wirkendende Mahnung wird zunehmend knallharte Realität. Und dies in einer Zeit, in der die politische Klasse, auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sich damit beschäftigt, mit dem Ausbau der digitalen Highways den Weg für immer neue Produkte des Silicon Valley zu ebenen, zeichnet sich eine Ressourcenverknappung mit gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Folgen ab. Experten des UN-Hochschulinstituts für Wasser, Umwelt und Gesundheit haben unlängst wieder deutlich gemacht, dass die Welt mit zunehmendem Wasserstress konfrontiert ist. Sie machen weiter deutlich, dass die Gewährleistung einer konstanten Versorgung mit frischem, trinkbarem Wasser eine Frage der globalen Sicherheit ist.[1]
In vielen Teilen der Welt gebe es keine konventionellen Süßwasserressourcen mehr, um die wachsende Nachfrage zu decken. Neben der Einschränkung der wirtschaftlichen Entwicklung bedrohe der Mangel an ausreichenden Süßwasserressourcen das Wohlergehen von Milliarden von Menschen durch Konflikte, soziale Unruhen und Migration.
Und wie dramatisch sich diese Entwicklung auswirken könnte, zeigt eine umfassende Simulation, die Wissenschaftler des Center for Environmental Systems Research (CESR) an der Universität Kassel durchgeführt haben: 2050 könnte jede vierte Stadt weltweit von Wasserknappheit betroffen sein. Dadurch erhöhe sich das Risiko von Konflikten zwischen Stadt und Land.[2] Weltweit schreite die Verstädterung weiter voran, stellen die Kassler Wissenschaftler weiter fest. 54 Prozent der Weltbevölkerung lebten heute in Städten – also 3,9 Milliarden Menschen. Bis zum Jahr 2030 sei mit einer weiteren zusätzlichen Stadtbevölkerung von 2 Milliarden Menschen zu rechnen, so Dr. Martina Flörke von der Universität Kassel. Oft bezögen große Städte ihr Wasser über Fernleitungen aus dem nahen, aber auch dem fernen Umland. Mit einer wachsenden Stadtbevölkerung erhöhe sich der Wasserbedarf für alltägliche Aktivitäten wie Trinken, Baden, Kleidungwaschen, Geschirrspülen oder den Toilettengang. Aktuellen Schätzungen zufolge werde der urbane Wasserbedarf unter den zur Berechnung zugrunde gelegten Annahmen für die zukünftige Entwicklung von Stadtbevölkerung um 50-250 Prozent ansteigen. Auch die Grundwasserentnahmen großer Städte seien oft nicht nachhaltig. Für 95 Prozent der Städte werde der Druck auf die Grundwasserressourcen zukünftig durch Urbanisierung und Klimawandel weiter steigen und nur wenige Städte in der Studie konnten vom Klimawandel profitieren.
Vor diesem Hintergrund sollte vielleicht das klassische Zitat der amerikanischen Ureinwohner, der Cree modernisiert werden: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Daten nicht trinken kann.“
Die einzige Möglichkeit, diese Herausforderung anzugehen, bestehe darin, die Planung und das Management von Wasserressourcen radikal zu überdenken, um so die kreative Nutzung unkonventioneller Wasserquellen zu stärken, so die UN-Experten weiter.[3] Es gebe eine große und wachsende Zahl von unkonventionellen Süßwasserquellen mit massivem Potenzial, beginnend mit entsalztem Meerwasser oder stark brackigem Grundwasser. Die Experten stellen weiter fest, dass heute es bereits 18.000 Entsalzungsanlagen in mehr als 100 Ländern gibt , in denen rund 32 Milliarden Kubikmeter Frischwasser produziert werden – etwa ein Drittel des Volumens, das jährlich über die Niagarafälle fließt. Rund 44 Prozent der weltweiten Produktion von entsalztem Wasser finden im Nahen Osten und in Nordafrika statt, aber auch in Asien, den Vereinigten Staaten und Lateinamerika werden neue Anlagen gebaut. Die jährliche Entsalzungskapazität nimmt weltweit durchschnittlich um 7-9 Prozent zu. Jüngste Studien zeigen, dass die Kosten für die Bewässerung mit entsalztem Wasser zwar höher sind als mit herkömmlichem Süßwasser, aber rückläufig sind. Vor ein paar Jahrzehnten kostete entsalztes Wasser mehr als 5 US-Dollar pro Kubikmeter; heute weniger als 50 Cent.
Eine zweite vielversprechende alternative Quelle für Süßwasser sei, so die UN-Wissenschaftler weiter, Nebel! Ein vertikales Netz könne verwendet werden, um Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen, wobei sich die Tröpfchen in einem Tank oder Verteilungssystem ansammelten. Angesichts der Tatsache, dass Nebel auch in trockenen Gebieten sehr häufig vorkommt, bieten Nebelauffangsysteme eine praktische und kostengünstige Möglichkeit, Frischwasser direkt an ländliche Gemeinden zu liefern.
Der private Sektor spiele bei der Verlagerung auf unkonventionelle Wasserressourcen durchaus auch eine Rolle, und zwar eine Rolle, die über die derzeitigen Bemühungen hinausgehen müsse, entsalztes Wasser und städtisches Grauwasser und Abwasser zu erschließen. Schließlich müssen lokale Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und lokale Gemeinschaften mobilisiert werden, beispielsweise durch öffentliche Kampagnen, die die Vorteile der Nutzung des Potentials unkonventioneller Wasserressourcen aufzeigen. Eine weitere unkonventionelle Quelle für Süßwasser seien Grauwasser und Abwasser aus städtischen Gebieten. Hierzu werden wir in den nächsten Tagen gesondert berichten.
[1] http://inweh.unu.edu/unconventional-water-resources/
[2] https://www.nature.com/articles/s41893-017-0006-8
[3] http://inweh.unu.edu/wp-content/uploads/2016/09/Unconventional-Water-Resources_Flyer.pdf