Um auf Rodungsflächen ehemaliger Tropenwälder möglichst schnell viel Biomasse aufzubauen, ist es zielführender, die Wälder aktiv wiederherzustellen als sie sich natürlich regenerieren zu lassen. Das zeigt ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von ETH-Wissenschaftlern anhand einer Langzeitstudie auf Borneo: Die tropischen Regenwälder Südostasiens werden in alarmierender Geschwindigkeit gerodet oder durch selektiven Holzschlag schwer geschädigt. Bislang waren Wissenschaftler und Forstfachleute überzeugt: Solch schwer geschädigte Tropenwälder erholen sich nur sehr langsam von Eingriffen. Nun zeigt aber ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift Science auf, dass sich geschädigte Tropenwälder rascher regenerieren als erwartet.
Die Forschenden von 13 Institutionen, darunter die ETH Zürich, untersuchten einen Tropenwald in Sabah im malaysischen Teil Borneos. Der Wald im Untersuchungsgebiet wurde in den 1980er Jahren weitgehend gerodet, danach aber vor weiterer Abholzung oder Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzfläche geschützt. Die Studie basiert auf Arbeiten, die Mark Cutler, Professor an der Universität Dundee, Großbritannien, bereits vor 25 Jahren in Borneo durchführte.
Raschere Regeneration mit Massnahmen
Die Langzeitstudie konzentrierte sich darauf, wie gut der Wald oberirdische Biomasse wiederaufbauen kann. So fanden die Forschenden heraus, dass Flächen, die der natürlichen Regeneration überlassen wurden, pro Jahr und Hektare 2,9 Tonnen Kohlenstoff in der oberirdischen Biomasse akkumuliert hatten. «Das bestätigt auch quantitativ, dass sich geschädigte Wälder gut erholen, wenn sie effektiv geschützt werden», sagt Christopher Philipson, Erstautor der Studie und Senior Scientist in der Professur Ökosystemmanagement der ETH Zürich. Noch wichtiger ist aber die Erkenntnis, dass sich Waldflächen, die mit wenigen einfachen Maßnahmen aktiv wiederhergestellt wurden, eineinhalbmal so schnell regenerierten als die Flächen, die der natürlichen Regeneration überlassen wurden. Pro Jahr und Hektare bauten wiederaufgeforstete Wälder bis zu 4,4 Tonnen Kohlenstoff an oberirdischer Biomasse auf.
Natürliche Wälder sind selten
In den Tropenwäldern Sabahs wird seit Jahrzehnten kommerzieller, selektiver Holzeinschlag betrieben. Die Holzfäller haben es vor allem auf einzelne, wertvolle Baumarten abgesehen. Dabei wird jedoch oft auch der restliche Wald geschädigt. Noch ist mehr als die Hälfte der Fläche Sabahs von natürlichem Wald bedeckt, wobei davon wiederum die Hälfte unter Schutz stehen. Unberührt und ursprünglich sind indessen nur noch wenige dieser Wälder. «Die Wiederherstellung von Wald, insbesondere in stark abgeholzten Tieflandwäldern, ist essenziell, um die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen zu erhalten sowie um Kohlenstoff aus der Luft zu binden», erklärt Philipson. Es komme darauf an, einen vielfältigen Wald aufzuforsten. Monokulturen seien für die biologische Vielfalt wenig vorteilhaft.
Einfache Massnahmen sind effektiv
Die in den Untersuchungsgebieten Sabahs getroffenen Maßnahmen zur Renaturierung sind einfach: Sie umfassen beispielsweise das Schneiden von Lianen. Diese Pflanzen gedeihen in geschädigten Wäldern besonders gut, konkurrieren mit den Bäumen und verringern das Überleben und das Wachstum von Setzlingen. Als weitere Maßnahmen jäten Waldschützer das Unkraut und pflanzen bevorzugt wertvolle einheimische Baumarten an. Mit letzterem versuchen sie, in den geschädigten Wäldern jene Bäume zu fördern, die durch die Holzwirtschaft stark reduziert wurden.
«Auf diese Weise hilft die Wiederaufforstung von vormals übernutzten Flächen nicht nur, Kohlenstoff zu speichern, sondern auch, ökologisch gesunde und vielfältige Wälder zu erhalten», sagt Philipson.
Die Langfrist-Datenreihe zeigt, dass die aktive Wiederherstellung Tropenwäldern hilft, sich nach Störungen zu regenerieren. Der aktuelle Preis für Kohlenstoff im Emissionsrechtehandel deckt die Kosten der Wiederaufforstung jedoch nicht. «Daher ist die Wiederherstellung als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels derzeit begrenzt», sagt Mark Cutler. «Wir müssen dafür nachhaltige Finanzierungsmechanismen finden.»