Der Handel tut gut daran, weiter auf Nachhaltigkeit zu setzen: Dies legt eine Studie des Instituts für Handel & Internationales Marketing unter Leitung von Professor Bastian Popp nahe. Die Saarbrücker Handelsexperten befragten über 500 Testpersonen zur Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit im Handel. Die Ergebnisse zeigen: Auch in der Krise sind Bio, Klima und Umwelt den Verbraucherinnen und Verbrauchern wichtig. Schon seit geraumer Zeit verändert sich etwas in den Supermärkten: Fair erzeugte und regionale Produkte finden ihren festen Platz im Regal. Auf mehr und mehr Produkten prangen Bio- und Tierwohllabel. Recycling steht höher im Kurs und Kundinnen und Kunden packen loses Obst und Gemüse in ausliegende Papiertüten oder Mehrwegbeutel.
Dies alles zeigt: Der Handel reagiert auf den Ruf der Verbraucher nach mehr Nachhaltigkeit. Aber ändert Corona etwas an der nachhaltigen Einstellung der Kunden? Lohnt es sich für Handelsmanager weiter in die nachhaltige Richtung zu denken? Ein klares „Ja, es lohnt sich“, ist die Antwort von Professor Bastian Popp von der Universität des Saarlandes: „Nachhaltigkeit bleibt für den Handel nicht nur äußerst relevant, sie gewinnt durch die Covid-19-Pandemie sogar noch mehr an Bedeutung.“ Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Patrick Klein ist der Handelsexperte den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Nachhaltigkeit im Handel und im E-Commerce auf den Grund gegangen – aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Nachhaltigkeit hat in der Krise entscheidenden Einfluss auf die Konsumentscheidungen
Die Ergebnisse der Studie können Handelsmanagern im stationären Handel wie auch im Online-Handel Argumente liefern, wenn es um Investitionen in Nachhaltigkeit geht. „Unsere Studie zeigt, dass Nachhaltigkeit auch in der aktuellen Krisensituation entscheidenden Einfluss auf die Konsumentscheidungen hat. Die Kundinnen und Kunden haben sogar ein gesteigertes Interesse an diesem Thema und messen ihm zugleich mehr Bedeutung zu“, fasst Bastian Popp zusammen.
Verbraucher sehen beim Handel Verbesserungsbedarf in punkto Nachhaltigkeit
Hingegen sahen die Verbraucher beim Handel Verbesserungsbedarf in punkto Nachhaltigkeit. „Lediglich 19 Prozent der Befragten empfinden den Handel per se als nachhaltig. Der Handel sollte dies einerseits als Anlass und Chance sehen, um seine Nachhaltigkeit durch aktive Maßnahmen gezielt weiter zu verbessern – etwa durch Einsparung von CO2 und Verpackungsmaterialien sowie durch eigene umweltbezogene, wirtschaftliche und soziale Zielvorgaben. Andererseits gilt es, bereits existierende Aktivitäten der Handelsunternehmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit besser zu kommunizieren und den Kunden zu vermitteln“, sagt Popp, der an der Universität des Saarlandes auch die wirtschaftswissenschaftliche Sektion des Europa-Instituts leitet.
„Nach unseren Ergebnissen ist es für rund 77 Prozent der Befragten wichtig, dass die verwendeten Produkte nicht der Umwelt schaden. Die Mehrheit – 64 Prozent – berücksichtigt mögliche Umweltauswirkungen ihrer Handlungen beim Kauf“, führt der Handelsexperte weiter aus. Knapp 55 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer gaben an, Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen, um dadurch umweltfreundlichere Maßnahmen zu fördern. „Dass viele Konsumentscheidungen auch in Corona-Zeiten signifikant von Nachhaltigkeit getrieben sind, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass fast 67 Prozent der Befragten angeben, künftig nachhaltigere Produkte beim Kauf zu bevorzugen, auch wenn sie dafür mehr bezahlen müssen“, sagt Popp.
Bemerkenswert sei auch, dass Covid-19 offenbar das Interesse der Konsumenten an regionalen Produkten fördere. „Im Vergleich zu Zeiten vor Corona sind mehr Kundinnen und Kunden an der Herkunft der Produkte interessiert – immerhin knapp die Hälfte aller Befragten. Rund 44 Prozent gaben zudem an, dass die Corona-Pandemie dazu geführt hat, dass sie bereit sind, für regionale Produkte mehr zu zahlen“, sagt Bastian Popp.
Die Ergebnisse der Saarbrücker Handelsexperten weisen allerdings auch darauf hin, dass die Corona-Pandemie nur bedingt zu nachhaltigerem Verhalten der Verbraucher führt. „Nur rund 34 Prozent der Befragten informieren sich derzeit stärker als zuvor über die Umweltbelastung von Produkten und verzichten infolgedessen auf einen Kauf“, sagt Doktorand Patrick Klein, der zur Nachhaltigkeit im Handel an der Saar-Uni promoviert.
Selbst die Erhöhung des Müllaufkommens kann diese positive Einschätzung nicht trüben
Die von Regierung und Händlern getroffenen Corona-Schutzmaßnahmen empfinden die Konsumenten laut der Studie größtenteils als nachhaltig im ökologischen Sinne. „Am Nachhaltigsten im Sinne der Umwelt stufen die Verbraucherinnen und Verbraucher die Abstandsregelungen ein, gefolgt von der Begrenzung der Personenzahl in Ladengeschäften. Während sie den Einsatz von Desinfektionsmitteln und Maskenpflicht noch eher positiv für die ökologische Nachhaltigkeit bewerten, sehen sie Einweghandschuhe eher kritisch“, erklärt Patrick Klein. „Alles in allem gehen die Konsumenten langfristig von einem positiven Corona-Effekt auf die Umwelt aus, der etwa durch eine Verringerung der Emissionen und des Flugverkehrs zustande kommt. Auch die Erhöhung des Müllaufkommens kann diese Einschätzung nicht trüben“, sagt Patrick Klein.
Weitere Informationen zur Studie auf der Internetseite des
Instituts für Handel & Internationales Marketing: http://www.hima.uni-saarland.de