Eine hohe Intensität in der Land- und Forstwirtschaft untergräbt die biologische Vielfalt und den Nutzen, den Menschen aus Ökosystemen ziehen können. Eine internationale Studie mit Berner Beteiligung zeigt erstmals auf, wie die Intensität in der Landnutzung die Wechselwirkungen zwischen Biodiversität, Funktionen von Ökosystemen und Ökosystemdienstleistungen für den Menschen beeinflusst. Ökosystemdienstleistungen ergeben sich aus Ökosystemfunktionen. Sie beruhen auf komplexen Wechselwirkungen zwischen einer Vielzahl von Organismen und sind für das menschliche Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Diese Ökosystemdienstleistungen sind jedoch durch den Verlust der biologischen Vielfalt und der Veränderung von Ökosystemen bedroht.
Ein internationales Team von 32 Forschenden aus 22 Institutionen unter der Leitung von Dr. Maria Felipe-Lucia vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Deutsches Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und Prof. Eric Allan von der Universität Bern legt nun die allererste Einschätzung der gleichzeitigen Auswirkungen der Landnutzungsintensität auf drei Organisationsebenen des Ökosystems vor: nämlich auf Biodiversität, Ökosystemfunktionen und Dienstleistungen.
Neuer Ansatz, um Verschiebungen im Ökosystem zu untersuchen
Die Forschenden untersuchten, wie diese Wechselwirkungen mit der Intensität der Landnutzung – einer der Hauptursachen des globalen Wandels – variieren. Dazu werteten sie Daten aus, die auf 300 Parzellen in deutschen Wiesen und Wäldern zur Landnutzungsintensität erhoben wurden.
«Wir wussten bereits, dass sich die Landnutzung auf die biologische Vielfalt und die Funktionsweise der Ökosysteme auswirkt», sagt die Erstautorin der Studie, Dr. Maria Felipe-Lucia vom UFZ und am iDiv, «aber wir wussten nur sehr wenig darüber, wie die Intensität der Landnutzung gleichzeitig die Beziehungen zwischen Vielfalt, Funktionen und Dienstleistungen verändert.» Prof. Eric Allan vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern und Letztautor, ergänzt: «Wenn wir diese Beziehungen verstehen, können wir vorhersehen, wie sich Veränderungen der Landnutzung auf die Ökosysteme und das menschliche Wohlbefinden auswirken werden.»
Wie Megastores und kleine Fachgeschäfte
Die Studie zeigt, dass die Land- und Forstwirtschaft mit geringer Intensität sowohl materielle Vorteile (wie Futtermittel, Holz) bieten als auch die biologische Vielfalt erhalten kann. Im Gegensatz dazu erhöht eine hohe Intensität den materiellen Nutzen, untergräbt aber die Biodiversität und die anderen Vorteile, die Menschen daraus ziehen. «Mit zunehmender Intensität der Landnutzung verlieren wir spezialisierte Wechselwirkungen», sagt Felipe-Lucia. «Dies ist vergleichbar mit dem Einkaufen entweder in einem qualitativ minderwertigen Megastore oder in einem spezialisierten Fachgeschäft». Ähnlich wie bei spezialistieren Fachgeschäften, von denen man verschiedene besuchen muss, um die besten Artikel zu erhalten, sind Grasländer und Wälder mit geringer Landnutzungsintensität auf eine bestimmte Gruppe von Biodiversität, Funktionen und damit verbundenen Dienstleistungen spezialisiert. Landschaften mit hoher Landnutzungsintensität sind mit Megastores vergleichbar, in denen alle Arten von Waren an einem Ort zu finden sind, jedoch von geringerer Qualität.
«Wie in jeder Stadt ist es in Ordnung, ein paar Megastores zu haben, aber wir können auch die kleineren hochwertigen Geschäfte nicht vernachlässigen. Wie in unseren Landschaften müssen wir Bereiche mit geringer Flächennutzungsintensität beibehalten, um diese spezialisierten Artikel anbieten zu können“, erklärt Allan.
Multifunktionale Landschaften sind der Schlüssel
In gesunden Ökosystemen bringt eine grössere Anzahl von Arten in der Regel grössere Mengen an Dienstleistungen für die Menschen mit sich, die zum menschlichen Wohlbefinden beitragen. «Intensivierung führt dazu, die Beziehungen zwischen Biodiversität und funktionierenden Dienstleistungen zu homogenisieren und zu einem System mit weniger starken Synergien und Integration innerhalb der einzelnen Bereiche zu führen», betont Allan. «Diverse Systeme mit geringer Intensität können verschiedene Arten von Dienstleistungen erbringen. Daher könnte ein multifunktionaler Landschaftsansatz der Schlüssel sein, um konfliktträchtige Landnutzungen zu lösen und eine breitere Palette von Dienstleistungen zu erbringen – und gleichzeitig die biologische Vielfalt zu erhalten.»
«Wir haben auch den Grad der Bewirtschaftungsintensität ermittelt, der das normale Funktionieren der Landschaft stört – also ab wann das Ökosystem stärker vom menschlichen Input als von seiner eigenen Regulierung abhängig wird», sagt Felipe-Lucia.
Die neuen Analysen können dazu beitragen, den Verlust von Beziehungen zwischen der biologischen Vielfalt und den Ökosystemleistungen zu erkennen, was als Frühwarnsignal für Veränderungen im Ökosystem verstanden werden könnte. «Unser Ansatz bietet einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise von Ökosystemen und kann die wichtigsten Ökosystemattribute identifizieren, die überwacht werden müssen, um kritische Verschiebungen in Ökosystemen zu verhindern», sagt Allan. Dieser Ansatz könne gemäss den Forschenden auch angewandt werden, um die Auswirkungen anderer Triebkräfte des globalen Wandels zu analysieren.