Der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Alexander Bonde, hat am heutigen Mittwoch auf der Jahrespressekonferenz (JPK) der Stiftung vor den Auswirkungen eines vierten Dürrejahres in Folge gewarnt. „Der Wald könnte zum ersten Opfer der Klimakrise werden. Wir müssen den Klimawandel viel entschlossener und schneller stoppen“, so Bonde. Denn die Ökosystemleistungen des Waldes von Kohlenstoffspeicherung über Holz und Biodiversität bis zur Sauerstoffproduktion seien „unentbehrlich für den Klimaschutz“. Doch die Bestände seien „in teils desolatem Zustand“. Ein Schlüssel für Wege aus der Klimakrise ist laut Bonde die Circular Economy: „Materialkreisläufe sind Klimaretter. Sie sparen Treibhausgas-Emissionen und Rohstoffe.“
Die Lage in den Wäldern zeige, „dass die Klimakrise in Deutschland angekommen ist“. Der aktuelle Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) sei ein akutes Alarmzeichen. „Umso mehr, weil die Dürre-Folgen der Vorjahre längst nicht behoben sind“, sagte er. Bodenwasserspeicher seien kaum gefüllt. „Vor allem in den ostdeutschen Bundesländern herrscht wegen extremer Dürre sprichwörtlich Alarmstufe Rot“, sagte der DBU-Generalsekretär. Selbst in Regionen mit hohen Niederschlägen im Frühjahr habe sich die Lage beim Grundwasser nicht erholt.
Eine immense Entlastung der Atmosphäre
Die Waldzustandserhebung 2020, wonach von 11,4 Millionen Hektar Wald in Deutschland rund 280.000 Hektar Schadensfläche seien, „bereitet mir große Sorgen“, so Bonde. Nur jeder fünfte Baum zeige keine Schadsymptome. „Es steht viel auf dem Spiel.“ Denn Jahr für Jahr speichere der Wald als Klimahelfer bundesweit mehr als 60 Millionen Tonnen Kohlenstoff, eine immense Entlastung der Atmosphäre. Neben Trockenstress bedrohten Käferbefall und Extremwetter wie Stürme die Bestände.
Bonde: „Ein Erhalt der Wälder ist lebenswichtig – für Natur- und Umweltschutz sowie für die Waldbewirtschaftung. Wir müssen beides in Einklang bringen.“ Notwendig seien mehr wilde Wälder, aber auch nachhaltige Holznutzung in langlebigen Produkten und als Kohlenstoffspeicher. Als Beispiele für Lösungen nannte Bonde DBU-Projekte für „Holz von Hier“, die Wiedervernässung von Waldmooren und die Förderung von Biodiversität auf sogenannten Windwurfflächen.
DBU Naturerbe will Ökosysteme wiederherstellen – auch im Wald
Wie Entwicklung von natürlichen Waldflächen funktioniert, erläuterte Susanne Belting von der Stiftungstochter DBU Naturerbe. „Auf unseren 71 Flächen mit rund 70.000 Hektar wollen wir Ökosysteme wiederherstellen – auch im Wald“, so Belting. „Wir verzichten auf Aufforstungen und setzen auf Naturverjüngung.“ So verwirkliche das DBU Naturerbe bereits Ziele der neuen UN-Dekade für die Wiederherstellung von Ökosystemen, darunter strukturreiche Wälder mit verschiedenen Baumarten und Altersklassen: Rund 32 Prozent der Waldbestände des DBU Naturerbe, ungefähr 17.000 Hektar, befinden sich in natürlicher Entwicklung. Die Trockenheit trifft jedoch auch das DBU Naturerbe. Der Zustand der Bäume deckt sich mit den Daten des Waldzustandsberichtes: Laub- und Nadelholzbestände sind teils abgestorben, und Fichten sind am stärksten betroffen.
Circular Economy als Initialzündung für mehr Umweltschutz
„Wir müssen Wald und Klima schützen und mit Lösungen bei den Haupt-Emissionsquellen ansetzen“, sagte Bonde. Die Circular Economy sei ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg. Kreislaufführung von Ressourcen sei das Gebot der Stunde. „Mehr als die Hälfte der globalen Treibhausgas-Emissionen lassen sich auf Abbau und Bearbeitung von Rohstoffen zurückführen“, sagte er. „Wenn die Kreislaufführung von Materialien aller Art gelingt, kommen wir im Klimaschutz erheblich voran.“ Der Raubbau an Rohstoffen könne dadurch enorm verringert werden. „Umweltbelastung und Kohlenstoffdioxid-Emissionen nehmen dann deutlich ab“, so Bonde. Circular Economy sei „eine Initialzündung für mehr Umweltschutz“ – als umfassende Kreislaufwirtschaft vom nachhaltigen Produktdesign über Müllvermeidung bis hin zum Wiederverwenden, Teilen, Reparieren und Recyceln.
Heizungspumpen, Seltenerd-Metalle wie Neodym vor dem Schrottplatz retten
Circular Economy sei ein wichtiger Arbeitsbereich der DBU, betonte Bonde und verwies beispielhaft auf zwei seitens der DBU geförderte Projekte: Heizungspumpen – und darin enthaltenen Magnete aus Seltenerd-Metallen wie Neodym – werden weiterverwertet statt verschrottet. Das lohnt sich bei einem jährlichen Austausch von etwa einer Million Altpumpen in Deutschland – überdies, weil die Produktion von Neodym zehn Mal mehr Treibhausgas-Emissionen als Kupfer verursacht und die Abhängigkeit groß ist: 97 Prozent des Metalls stammen nämlich aus China. Ein anderes DBU-Projekt soll die Rohstoff-Vergeudung bei Einweg-Feuerzeugen eindämmen. Das Potenzial ist riesig: In der EU werden jedes Jahr rund eine Milliarde davon verkauft, darunter 160 Millionen in Deutschland – hintereinander gelegt so viel wie der Durchmesser der Erde.