Am 15. Juli 2021 wurde an der eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa erstmals der Aerogel Architecture Award verliehen, der gelungene energetische Sanierungen mit Aerogel-Materialien würdigt. Siegreich waren zwei Projekte aus Deutschland und eines aus der Schweiz. Die sanierten, denkmalgeschützten Gebäude stammen aus dem 17., dem 19. und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Gewinner des Aerogel Architecture Awards ist der Schweizer Architekt Michael Ledermann aus Langenthal. Seine behutsame Sanierung eines alten Mühlgebäudes in Madiswil im Kanton Bern überzeugte die Experten. „In diesem Gebäude hätte jeder von uns gern wohnen wollen“, sagte Architekt Beat Kämpfen im Namen der Jury. Das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert hat bereits zahlreiche Renovationen hinter sich und war immer wieder auf den aktuellen Stand der Zeit gebracht worden. Die letzte Renovation fand in den 1980er Jahren statt. Das Obergeschoss des Hauses wurde seither mit einer Elektrospeicherheizung beheizt; der 300 Quadratmeter große Hauptraum der Mühle mit seinen bis zu 70 Zentimeter breiten Bruchsteinwänden war unbeheizt und konnte nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt werden.
Umnutzung eines alten Industriegebäudes
Ledermann isolierte die Innenwände des Erdgeschosses mit Aerogelputz und bewahrte dabei die wellige Wandstruktur der Bruchsteinmauer. Nun ist der Raum vor Feuchtigkeit aus dem alten Mauerwerk geschützt, zugleich warm und trocken und kann als Speisesaal und Wohnzimmer mit eingebauter Küche ganzjährig genutzt werden. «Das Projekt des Mühlengebäudes in Madiswil ist ein gutes Beispiel für die Fremdnutzung (vor)industrieller Bauten – ein Thema, das nach wie vor als ein «mainstream» der zeitgemäßen Denkmalpflege anzusehen ist», sagt Jurymitglied Architekt Manfred Wehdorn.
Biedermeier und sozialistische Moderne
Die Jury entschied sich wegen der sehr engen Rangfolge, keinen dritten Preis, sondern zweimal den zweiten Preis zu verleihen: Eine der Auszeichnungen ging an die Architektin Verena Klar, die in Tübingen ein denkmalgeschütztes Biedermeierhaus aus dem Jahr 1829 energetisch sanierte. Das Haus liegt an der Neckarhalde in Tübingen, inmitten eines denkmalgeschützten Stadtensembles.
Die Außenfassade war weitgehend unverändert überliefert, es ging also um einen möglichst schlanken Aufbau der Wärmedämmung, um die Optik des Hauses und auch die Verzierungen an der Fassade und der Fensterleibungen nicht zu überdecken. «Der Bauherr war schnell überzeugt, doch die Denkmalschutzbehörde blieb lange skeptisch» berichtete die Architektin. Schließlich konnte die Behörde mit Hilfe einiger gelungener Aerogel-Sanierungsprojekte aus der Schweiz überzeugt werden. Die Handwerker seien begeistert gewesen von der leichten Verarbeitbarkeit des Aerogel-Putzes.
Rundherum isoliert
Die Wohnräume des Hauses in Tübingen sind nun auch vom Dachgeschoss und der Kellerdecke her rundherum wärmeisoliert und erfüllen den deutschen Umweltstandard «KfW Effizienzhaus Denkmal». Eine Pelletheizung sorgt für nachhaltige Wärme. «Dieses Projekt überzeugt durch die Dämmung der Fachwerkfassade und den Erhalt der historischen Substanz in einem historisch bedeutsamen Umfeld. Ein gutes Beispiel dafür, dass auch Fachwerkhäuser zukünftig wirtschaftlich betrieben werden können», sagt Jurymitglied Volker Herzog.
Ein schwieriger Fall in Weimar
Ein weiterer zweiter Preis ging an den Architekten Jörg Hofmann aus Weimar, der ein Gebäude der Bauhaus-Universität Weimar energetisch sanierte. Das Forschungsgebäude war 1958 errichtet worden und gilt als herausragendes Beispiel der Sozialistischen Moderne, es steht unter Denkmalschutz. Die schlecht isolierte Fassade zeigte starke Verwitterungsschäden, zudem musste das Gebäude während des laufenden Betriebs saniert werden. Eine Innenwärmedämmung war nicht machbar, weil dadurch teure Forschungsapparaturen hätten beschädigt werden können. Auch in Weimar forderte die Denkmalschutzbehörde eine Putzoberfläche entsprechend dem Originalbestand: die Sockelverkleidung des Gebäudes und das Traufprofil aus Betonwerksteinen durften nicht überwölbt werden.
Architekt Jörg Hofmann begann zu recherchieren, fand den Aerogel-Dämmputz und probierte ihn zunächst an seinem eigenen Haus aus. Das nun fertig sanierte Forschungsgebäude der Bauhaus-Universität hat sein Gesicht behalten, die Forderungen der Denkmalschutzbehörde wurden erfüllt. Der U-Wert der Wände konnte dennoch von 1,36 W/m2K auf 0,58 W/m2K gesenkt werden, auch der Taupunkt der Fassade und der bestehenden Bauteilanschlüsse wurde optimiert.
Aerogel Architecture Award
Der Aerogel Architecture Award wurde 2020 von der Empa und den Industriepartnern Fixit, Agitec, Haga AG Naturbaustoffe und Hasit und dem Verband AdvaPor ins Leben gerufen. Für die Ausscheidung 2021 hatten fünf Büros aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Projekte eingereicht. Eine Jury, bestehend aus den vier Architekten und Denkmalschutzexperten Ralf Kilian (Deutschland), Beat Kämpfen (Schweiz), Volker Herzog (Deutschland) und Manfred Wehdorn (Österreich) bewertete die eingereichten Projekte in Hinblick auf den denkmalschützerischen Wert, die Energieeffizienz und die Originalität der gewählten Lösung.
Nach aktuellen Planungen soll es auch in den kommenden Jahren weitere Aerogel Architektur Awards geben. «Der Preis soll dabei helfen, die Möglichkeiten die Aerogel-Dämmmaterialien im Denkmalschutz und in der Sanierung bestehender Bauten bietet, in der Architektenszene und unter Bauingenieuren bekannt zu machen», sagt Michal Ganobjak, der Organisator der Preisverleihung.