Kahlgefressene Eichen sind ein Bild, das in den letzten Jahren immer wieder zu sehen war. Verursacher sind häufig die massenhaft auftretenden Raupen des Eichenwicklers, eines Kleinschmetterlings, der durch die wärmeren Sommer begünstigt wird. Doch die Eichen sind nicht wehrlos; sie verfolgen verschiedene Abwehrstrategien. Forschende des Thünen-Instituts für Forstgenetik in Großhansdorf und des Helmholtz-Zentrums München, Abteilung für Experimentelle Umweltsimulation, haben nun in Blättern der Stieleiche Biomarker für besonders wehrhafte Pflanzen entdeckt. Damit lässt sich zum einen vorhersagen, wie anfällig bestimmte Waldgebiete für einen Eichenwicklerbefall sind, zum anderen können bei Neuaufforstungen gezielt widerstandsfähige Jungpflanzen herangezogen werden.
Eichen haben im Laufe der Evolution Mechanismen entwickelt, mit denen sie sich ihre Fressfeinde vom Leibe halten können. Schon vor einigen Jahren hatten die Thünen- und die Helmholtz-Forschenden wichtige Einzelheiten des komplizierten Wechselspiels zwischen Wirtspflanze und Schädling entschlüsselt. Sogenannte T-Eichen (für „tolerant“) bilden in ihren Blättern Substanzen, die für die jungen Raupen fraßhemmend sind – sie verhungern quasi am gedeckten Tisch. S-Eichen (für „sensitiv“) hingegen setzen bei Schädlingsbefall bestimmte Duftstoffe frei, die Feinde der Schädlinge anlocken sollen. Das ist allerdings nur die zweitbeste Lösung. Eichen des S-Typs werden trotzdem deutlich häufiger vom Eichenwickler befallen.
Die Wissenschaftler des Thünen-Instituts und des Helmholtz Zentrums haben nun in vier Eichenbeständen in Deutschland nach Biomarkern gefahndet, mit denen sich T-Typen und S-Typen unterscheiden lassen. Dafür untersuchten sie die Gesamtheit der Inhaltsstoffe in den Blättern (das sogenannte Metabolom) und wurden fündig. Sie konnten zuverlässige metabolische Marker identifizieren, die mit unterschiedlichen Ausprägungen von Stoffwechselwegen in den Blättern der T- und S-Eichen einhergehen und die in Tests zuverlässig nachzuweisen sind.
Damit ist es nun möglich, unterschiedliche Befallsgrade von Eichenwäldern in verschiedenen Klimazonen Deutschlands mit dem Anteil von T- und S-Eichen in den Beständen in Verbindung zu bringen. Daraus lassen sich dann Vorhersagemodelle für die Empfindlichkeit anderer Eichenwälder ableiten. Mehr noch: Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich auch Neuanpflanzungen besser steuern. Neue Eichenwälder entstehen in der Regel nicht durch Naturverjüngung, sondern durch gezielte Pflanzung. Durch die Biomarker wird es nun möglich, schon bei Jungpflanzen die spätere Anfälligkeit für einen Eichenwicklerbefall einzuschätzen – ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Eichenwälder in Europa.