Kürzlich ist der erste in Deutschland entwickelte und gebaute Hyperspektralsatellit ins Weltall gestartet. Sein Name: EnMAP. Vom All aus soll er künftig unsere Umwelt analysieren und damit nicht nur Folgen des Klimawandels, sondern auch potenzielle Naturgefahren sichtbar machen. Insgesamt elf Spiegel sowie diverse optische Schichten für Teleskop- und Spektrometer-Optiken wurden dafür am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena hergestellt. Einen Monat nach dem Start liegen nun die ersten Aufnahmen aus dem All vor.
Es ist eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit: Wie können wir unsere Umwelt und unser Klima besser schützen? Antworten darauf soll eine neue deutsche Satellitenmission liefern: Das »Environmental Mapping and Analysis Program« – kurz: EnMAP – ist der erste deutsche Hyperspektral-Satellit. Die Mission wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geführt.
Ziel ist die Bereitstellung exzellenter Bilder kombiniert mit Spektraldaten, um diagnostische Informationen über den Zustand unserer Erde und Gewässer, zu sammeln. Auch die Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf Ökosysteme kann damit betrachtet und die Verwaltung natürlicher Ressourcen, z. B. in der Landwirtschaft, erleichtert werden.
Am 1. April ist der EnMAP-Satellit vom Gelände der Cape Canaveral Space Force Station in Florida aus mit einer SpaceX Rakete Falcon 9 erfolgreich ins Weltall gestartet. Mit an Bord: Metallspiegel, hergestellt und optisch vergütet am Fraunhofer IOF in Jena.
Fraunhofer IOF lieferte Metallspiegel für das EnMAP-Messinstrument
Aus ca. 650 Kilometern Entfernung soll der Satellit in den nächsten fünf Jahren unsere Erde beobachten – und das auf 242 Spektralkanälen. Sein zentrales Messinstrument ist dabei der sogenannte Hyperspectral Imager (HSI). Er ist in der Lage, die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrahlung als kontinuierliches Spektrum im Spektralbereich von 420 nm bis 2.450 nm zu messen, mit einer spektralen Abtastung von 6,5 nm (VNIR) und 10 nm (SWIR). Gleichzeitig liefert das abbildende Spektrometer brillante Bilder mit einer räumlichen Auflösung von 30 m x 30 m auf der Erde.
»Für den HSI haben wir am Fraunhofer IOF insgesamt elf plane, sphärische und asphärische Metallspiegel entwickelt. Die Entwicklung beinhaltete dabei das Spiegeldesign bis hin zur Herstellung und die Vergütung der Spiegel sowie die Charakterisierung mit optischen und taktilen Messverfahren«, erklärt Dr. Stefan Risse, Leiter des Projektes am Fraunhofer IOF.
Anwendung finden die Spiegel im visuellen sowie infraroten Spektralbereich. Die Herstellung erfolgte daher durch die Kombination von ultrapräzisen Verfahren der Diamantbearbeitung mit Poliertechniken zur lokalen Formkorrektur und Glättung der Oberflächenrauheit. Abschließend wurden die optischen Flächen mit Vergütungsschichten – geschütztes Silber für den visuellen Spektralbereich und gesputtertes Gold für den infraroten Spektralbereich – versehen.
»Eingesetzt werden Metallspiegel aus einer Aluminiumlegierung kombiniert mit einer röntgen-amorphen Dickschicht aus Nickel-Phosphor. Damit konnten modernste Verfahren der Optikfertigung auch für Metalloptiken angewendet werden. Im Ergebnis wurden Spiegel mit einer Mikrorauheit von kleiner 0,8 nm rms und Formgenauigkeiten von kleiner 12 nm rms erreicht werden.«, so der Forscher weiter.
EnMAP sendet erste Aufnahmen aus dem All
Hyperspektrale Analysen zerlegen das Licht in viele, eng beieinanderliegende Wellenbereiche. So tut es auch der HSI an Bord von EnMAP: Er betrachtet das Sonnenlicht, das von Materialien auf der Erdoberfläche reflektiert wird. Da jedes Material dabei seine eigene Art und Weise hat, Licht zurückzuwerfen, entsteht eine sehr spezifische, farbige Spektralsignatur, die für das menschliche Auge nicht sichtbar ist. Nicht umsonst beansprucht EnMAP daher das Motto für sich, »unsere Erde in mehr als allen Farben« sehen zu können.
Einen Monat nach dem Start hat EnMAP nun die ersten Aufnahmen aus dem All nachhause geschickt. Sie zeigen einen Streifen von etwa 30 Kilometern Breite und 180 Kilometern Länge über Istanbul am Bosporus in der Türkei. Die Daten wurden über die DLR-Bodenstation in Neustrelitz zur Erde gesendet. In weiteren fünf Monaten soll die Mission planmäßig in die operationelle Phase übergehen. Dann können Wissenschaftler beginnen, Daten über spezielle Gebiete der Erde zu sammeln.
»Das abbildende Hyperspektralinstrument der EnMAP-Mission wurde in Verantwortung des DLR mit deutscher Technik realisiert und bildet aktuell in seiner spektralen Breite und exzellenten Abbildungsqualität eine Instrumentierung der Spitzenklasse«, erklärt Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Leiter des Fraunhofer IOF. »Ultrapräzise Optiken des Fraunhofer IOF haben dabei einen entscheidenden Anteil. EnMAP liefert einen ganz herausragenden Beitrag, um Deutschland und die Welt auf die Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten. Als Fraunhofer IOF sind wir daher sehr stolz darauf, Teil dieser zukunftsweisenden Mission zu sein.«
Partner der deutschen Umweltmission EnMAP
Die Umweltmission EnMAP wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geführt. Mit der Entwicklung und dem Bau des Satelliten sowie des Hyperspektralinstrumentes wurde die OHB-System AG beauftragt. Die Mission steht unter der wissenschaftlichen Leitung des GeoForschungszentrums Potsdam (GFZ).
Mit dem Aufbau und dem Betrieb des Bodensegments sind drei Institute und Einrichtungen des DLR beauftragt worden: Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen wird den Satellitenbetrieb durchführen und überwachen. Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum und das DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung werden die empfangenen Satellitendaten archivieren, prozessieren, validieren und für die Wissenschaft zugänglich machen. Auch Firmen und Behörden werden die Daten ausprobieren und damit künftige Services vorbereiten. Die zukünftige Nutzung der EnMAP-Hyperspektraldaten durch Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen und die Entwicklung von speziellen Anwendungen werden durch BMWK-Förderprogramme unterstützt.