Am Fallbeispiel Berlin haben Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) die Kompostierung von Laubabfällen mit deren energetische Nutzung in Biogasanlagen vergleichend bewertet. Die Studie zeigt, dass eine Verwertung vorbehandelten Laubs in einer Biogasanlage nicht nur Strom- und Wärme erzeugt, sondern auch die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Resources, Conservation and Recycling veröffentlicht.
Berlin ist dank der zahlreichen Grünanlagen und Straßenbäume eine der grünsten Metropolen Europas. Allerdings beschert alljährlich der Herbst den Mitarbeiter*innen der Stadtreinigung kostenintensiven Hochbetrieb: Auf knapp 5.500 Kilometern Straßen der Hauptstadt sammeln sie etwa 36.000 Tonnen Laub ein. In der Regel wird das Laub kompostiert, was jedoch mit erheblichen Treibhausgasemissionen verbunden ist. Angesichts steigender Energiepreise stellt sich die Frage, ob sich die anfallende Biomasse nicht vorteilhafter für die Erzeugung von Biogas nutzen ließe.
Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) haben in einer vergleichenden Studie die Kompostierung von Laub und dessen Nutzung zur Biogaserzeugung analysiert, wobei auch eine Vorbehandlung des Laubs durch z.B. Silierung Berücksichtigung fand. Für diese Szenarien wurden die Treibhausgasemissionen und das Energieerzeugungspotenzial mit Hilfe des BIORIM-Modells (Biological Resource Utilization Impacts) ermittelt. Zur Berechnung der Treibhausgasemissionen berücksichtigte die Studie u.a. die Kohlenstoffassimilation der Pflanzen während des Wachstumsprozesses (als negative CO2-Emissionen auf Grundlage des Gehalts an organischem Kohlenstoff für die jeweilige Blattart), den Anteil der verschiedenen Blattarten an der Gesamtmenge, die Dichte der Blätter sowie den Einsatz von kraftstoffabhängigen Maschinen, wie Laubbläsern und Kehrmaschinen. Auch die Emissionen aus Herstellung und Betrieb dieser Maschinen wurden berücksichtigt.
Der Gesamtvergleich zeigte, dass die Biogasszenarien hinsichtlich der Emissionen von Treibhausgasen mit -140,1 kg CO₂-Äquivalente pro Tonne Laub bzw. -167,4 kg CO2eq pro Tonne vorbehandeltes Laub deutlich besser abschnitten als die Kompostierung mit 49,0 kg CO2eq. Eine Vergärung vorbehandelten Laubs im Biogasreaktor hatte zudem die höchste Energieproduktion pro Tonne Ausgangsmaterial zur Folge. Maßnahmen, um eine schnelle Verrottung des Laubs zu verhindern, wie beispielsweise die Silierung oder eine zügige Einbringung in den Fermenter, führten zu geringeren Nettoemissionen und einem höheren Energieertrag.
Das aus Laub erzeugte Biogas kann, analog zu dem bereits jetzt aus Haushaltsbioabfällen gewonnenen Biogas, zur Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken oder zur Einspeisung in lokale Gasnetze verwendet werden, um fossiles Erdgas zu ersetzen: Etwa 7,5 Tonnen vorbehandeltes Berliner Stadtlaub könnten den durchschnittlichen Jahresstromverbrauch einer Person decken.
„Laub als Rohstoff für die Biogaserzeugung könnte in gewissem Umfang zur Energieversorgung in städtischen Gebieten beitragen. Gerade Berlin weist im europaweiten Vergleich dank der zahlreichen Grünflächen und Straßenbäume eines der höchsten Potenziale zur energetischen Biomassenutzung auf“, so Dr. Ulrich Kreidenweis, Leiter der Arbeitsgruppe Bioökonomische Systemmodellierung am ATB und Mitautor der Studie. „Ob sich die Nutzung von Laubabfällen aus städtischen Gebieten für die Biogaserzeugung auch ökonomisch rechnet, wäre in weiteren Szenariobewertungen zu klären. Hier können teils erhebliche Kosten für die Umsetzung, beispielsweise die Umrüstung von Biogasanlagen im Hinblick auf die Anforderungen an die Laubvergärung anfallen“, räumt Kreidenweis ein.